Hier werden keine
Pfarrer oder Pfarrertypen "vorgeführt"!
Die Seiten über Pfarrertypen sind - dank einer speziellen
Software "gratia-view" nur auf PfarrerInnen-PC's zu lesen!
Selbst Pfarrer - insofern sie vom jeweiligen Typ nicht betrof-
fen sind - sehen auf dieser Seite nur unleserliche Hierogly-
phen. Sollten Sie also - als Unbetroffene/r hier etwas lesen
können, dann hat die Software leider versagt!
Der Typ des "innerlich emigrierten Pfarrers"
dürfte inzwischen einer der - besonders auf dem Land - häufigsten Pfarrertypen sein.
Seine Entstehung verdankt er der gängigen
Praxis der Kirchenverwaltung und -leitung,
die Bemessung der Pfarrstellen allein nach quantitativen Kriterien
vorzunehmen, die seit
1992 ständig restriktiver gehandhabt wird. Seine Vollendung
erfährt dieser Pfarrertyp
durch den Beschluß seiner Landesynode, eine sachfremde Strukturreform
flächendeckend
in der gesamten Landeskirche durchzuziehen, die keine Rücksicht
auf die vorfindlichen -
namentlich ländlichen - Gemeinde- und Dekanatstrukturen nimmt,
denen die Strukturre-
form so angemessen ist, wie dem Gesangverein eine Nebelkrähe
als Chorleiter.
In den ersten Jahren der jetzt an
ihr dickes Ende gekommenen Reform ist der Pfarrer dieses
Typs mit freundlichen Briefen an "seine Kirchenleitung"
herangetreten. Als diese weder
gelesen noch je beantwortet wurden, hat er sich darauf verlegt,
als "böse" empfundene
Artikel zu schreiben. Inzwischen ist er darüber resigniert,
daß seine Stimme weder am Sitz
seiner Kirchenverwaltung noch bei seinen - genau wie er - denkenden,
aber leider oft nur
mit sich selbst beschäftigten Kolleginnen und Kollegen gehört
wird.
Dennoch kann er sich nicht damit abfinden,
daß bis heute in die Pfarrstellenbemessung
noch kein einziges qualitatives Kriterium eingeflossen ist. D.h.
konkret: Er könnte daran
verzweifeln, daß es in "seiner" Kirchenleitung
niemanden interessiert, daß seine Pfarrstelle,
durch ihre Lebendigkeit beim Besuch der Gemeindekreise und des
Gottesdienstes zwanzigmal
so viele Menschen pro Woche in Gemeindehaus und Kirche versammelt,
wie die in unmittelba-
rer Nachbarschaft gelegene. Die eigene lebendige Stelle allerdings
steht zur Halbierung an,
während die Nachbargemeinde wegen einiger Gemeindeglieder
mehr, die sie laut Kartei aufzu-
bieten hat, völlig unangefochten eine volle Pfarrstelle bleiben
darf.
Er sieht das inzwischen auch als eine
bewußte Kränkung seiner Person und Beleidigung
seiner Arbeit an. Er hat das Gefühl gewonnen, er kann sich
anstrengen wie er will, im Gemeinde-
aufbau Ungewöhnliches leisten - es wird ja doch nicht gesehen
geschweige denn, daß es zählt
und von "seiner" Kirchenleitung im mindesten anerkannt
würde.
Der "Emigrierte" sieht den
kirchlich-ländlichen Raum von seiner Landeskirche nicht estimiert,
ja, eigentlich längst aufgegeben zugunsten der "kirchlich-urbanen
- oder City-Arbeit"* (* andere
Bezeichnungen für die Kleinstgruppenarbeit mit weniger als
drei Personen). Er befürchtet
darum schlimme Folgen gerade für die noch intaktesten bzw.
in der Frömmigkeit und der
Verbundenheit zur Gemeinde heilsten Bereichen "seiner"
Kirche.
In der Stärkung der Mittleren
Ebene, die offiziell als "Dezentralisierung" verkauft
wird, erkennt der
"innerlich Emigrierte" eine massive Zentralisation traditionell
kirchengemeindlicher Arbeits-
bereiche wie Ökumene, Öffentlichkeitsarbeit und gesellschaftliche
Verantwortung aus den
Gemeinden hinaus, die zu einer Situation der geistlichen Verarmung
in den Gemeinden führen
wird: Die Pfarrer und Pfarrerinnen übernehmen nicht länger
die Arbeit in den genannten Bereichen ,
verweisen vielmehr auf die beim Dekanat angesiedelten (noch dazu
nur halben) Profilstellen in die-
sen Handlungsfeldern, die mit der potentiellen Klientel - verteilt
in vielleicht 150 Gemeinden mit 250
Einzelortschaften ihres Großdekanats - doch mäßig
überfordert sein dürften. - Aber nur im Plan!!!
Denn keine Angst, liebe Profilpfarrer, es wird keiner Eure Beratung
oder Hilfe in Anspruch neh-
men, die Menschen werden sich vielmehr dorthin wenden, wohin sie
sich seit Jahrhunderten ge-
wandt haben: Zu ihrem Pfarrer, ihrer Pfarrerin vor Ort!
Jedenfalls wird der Pfarrer des Typs "Innere Emigration"
in den kommenden Jahren nur noch
für seine eigenen Gemeinden arbeiten. Er wird sich zunehmend
allem verweigern, was Dekanat und
Landeskirche von ihm verlangen. Er wird keine Statistikbögen
mehr ausfüllen, denn diese dienen ja
nur - völlig abstrakt und von den Gemeinden abgelöst
- dazu, die allgemeine Bedeutung kirchlicher Arbeit
zu belegen. Er wird zu keiner übergemeindlichen Kooperation
mehr bereit sein, keine übergemeindlichen
Angebote mehr machen und alle Anfragen nach dem, was er in Ökumene,
Freizeit-, Behinderten- oder
Kinderarbeit jahrzehntelang angeboten hat, an Dekanat, Propstei
und Kirchenverwaltung lenken. Auch
wird er seinen zahlreichen Gemeindegliedern, die mit der Sammlung
von Unterschriften von Kirchenaustritts-
willigen Druck gegen eine geplante Stellenhalbierung erzeugen
wollen, dieses Ansinnen nicht mehr länger
auszureden versuchen.
Der "innerlich emigrierte"
Pfarrer lebt äußerlich schon lange in den Kirchengebieten,
in denen
die Leitung seiner Kirche weiße Flecken auf ihrer Kirchengebietskarte
verzeichnet und die Pfarrer
in theologischen Baströckchen herumkaspern wähnt. Er
wird sich jetzt auch innerlich in einen Seelen-
winkel absetzen, in den der Arm seiner Verwaltung nicht hinreicht.
Dieser Pfarrertyp hat überwiegend
gute Eigenschaften - er behält sie aber künftig für
sich und seine
Gemeinde, hebt sie also denen auf, die sie zu schätzen und
zu würdigen verstehen.