Fragen zum Sonntag Für Alsfelder Allgemeine vom 14.9.2019 Predigtwort zum 13. Sonntag nach Trinitatis: Und das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger wurde sehr groß in Jerusalem. Apg. 6,7 Das scheint ja geradezu eine Gegenbewegung zu den kirchlichen Austrittswellen zu sein, die wir heute beobachten: In unseren Tagen wird das Wort Gottes wird immer weniger verbreitet und gehört. Echte Jünger und Jüngerinnen Jesu gibt es kaum noch. Diese Zeit ist ziemlich gottlos und uninteressiert an dem, was christlich wäre. Die Kirchen leeren sich zusehends. Die Sache Gottes spielt kaum noch eine Rolle. So sieht es aus. Ist es aber auch so, wenn wir das In- nere der Menschen anschauen? Ist das nicht nur ein sehr äußerlicher Befund, den wir da zu- erst feststellen müssen? Dass die Gottesdienste heute nicht mehr so gut besucht sind, wie noch vor 30 oder auch nur 15 Jahren, ist nicht abzustreiten. Die Besucherzahlen geben klares Zeugnis. Auch die Kirchenaus- tritte, wie sie in den letzten Jahre verstärkt zu registrieren sind, können nicht in Abrede ge- stellt werden; sie sind statistisch belegbar. Aber die Seelsorger und auch andere, die sich um die Menschen unserer Tage bemühen, erfahren zunehmend etwas anderes im direkten Kon- takt mit den Zeitgenossen: So leer und äußerlich diese Zeit auch scheint, so groß ist doch die Sehnsucht nach Sinn, nach Erfüllung, einer Richtung und einem Ziel. Ja, es ist wohl so: Gera- de weil unser Leben so sinnentleert ist, gerade weil die Orientierung und der Halt fehlen, gera- de weil uns weithin von den Medien, der Werbung und leider auch von denen, die uns regie- ren, nur Ersatz, nur „Steine statt Brot“ angeboten werden, ist der Hunger der Menschen unse- rer Tage nach dem wahren Leben, dem Sinn und der Erfüllung so groß geworden. Ein Schrift- steller des vergangenen Jahrhunderts hat es für mich unvergleichlich gut und treffend so aus- gedrückt, was wir heute beklagen müssen: „Man kann nicht mehr leben von Bilanzen, Kühl- schränken und Kreuzworträtseln. Man kann es nicht mehr!“ Was will ich nun also sagen, wenn dieses Wort doch dem völlig zu widersprechen scheint und so ganz und gar nicht zeitgemäß wirkt?: „Und das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger wurde sehr groß in Jerusalem.“ Für mich ist das kein Widerspruch! Nur dem Augenschein nach. Nicht aber in der Tiefe, nicht wenn wir die Seele der Menschen ansehen, die Möglichkeiten... Es ist vielmehr so: Gerade in diesen Tagen stehen die Chancen so gut wie lange nicht, dem Wort Gottes wieder Gehör zu verschaffen. Die Menschen warten auf ein Wort, dem man glauben kann. Sie suchen einen Herrn, dem sie trauen können. Die Sehnsucht, der Hunger nach einem Leben, das sich lohnt, ist ungestillt, einem Leben das nicht in Arbeit, Essen und Trinken, Fernsehen, Kurzweil und Schlafen aufgeht. Vielleicht kommen die Menschen nicht mehr dorthin, wo traditionell dieses Wort Gottes zu hören ist, in die Gottesdienste, vielleicht sind manche auch abgestumpft und haben das Sehnen in sich verdrängt, vielleicht haben sie sogar den Schritt vollzogen, der sie aus der Gemeinschaft der Kirche geführt hat. Aber der Hunger ist doch geblieben! Der Durst nach Sinn und Erfül- lung quält mehr denn je! Also kann die Botschaft an uns, die wir das jetzt lesen, nur sein: Wir wollen mehr als bisher hinhören, wenn uns die Zeitgenossen von ihrer Sehnsucht, ihrer Not erzählen. Wir wollen ihnen mehr als bisher sagen, was uns trägt und worauf wir hoffen. Wir wollen schließlich mehr als bisher auch die Nähe der Menschen suchen, auch und gerade derer, die vermeintlich gott- los leben und scheinbar ohne Gott auskommen. So wie es aussieht ist es meistens nicht! „Und das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger wurde sehr groß in Jerusa- lem.“ Es mag so noch nicht die erlebte Wirklichkeit sein. Der Möglichkeit nach aber ist es so! Und wenn Gott will und wenn wir nach Kräften dabei mittun, dann kann sich unter seinem Wort sogar unsere Gesellschaft verändern! Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag und gute Gedanken. Pfr. Manfred Günther (im Internet: http://www.predigt-eichendorf.de)