Ansprache zur Beerdigung - Tod durch Suicid Ps. 46,11a Liebe Angehörige, liebe Trauergemeinde! Wir fühlen uns alleingelassen! Von unserem Verstorbenen, von den Menschen, deren Trost unser Herz nicht erreicht, von Gott... Da ist kein einziger Lichtstrahl in all diesem Dunkel. Worte haben keine Kraft mehr. Gesten der Hilfe, Beileidsbezeugungen, der Versuch der Anteilnahme...alles versagt vor diesem Tod. Und dann die Fragen: Warum? Wie konnte es geschehen? Haben wir es an Zuwendung oder Hilfe mangeln lassen? Was wird nun im Tod aus ihm? Die vielen Fragen, die uns so quälen! Aber wir wissen keine Antwort. Wir müssen sie stehenlassen, vielleicht lange vielleicht unser ganzes Leben...bis es Gott gefällt... Seid still und erkennt, daß ich Gott bin! So heißt es im 46. Psalm. Und etwas anderes können wir nicht tun: Still sein, aushalten, warten......und erkennt, daß ich Gott bin! Wir haben es erkennen müssen! Haben fühlen müssen, wie schwer das Schicksal sein kann und wie grausam für uns. Und wir tragen jetzt so sehr am Schweigen Gottes, an den Fragen und der Angst... Seid still... Wir sind verstummt. Unsere Gedanken drehen sich um unser Leid wie ein Mühle. Wir sind gefangen in diesem Kreisen um das, was geschehen ist. Seid still! --- Vielleicht aber wird die Stille zu reden beginnen! Heute noch nicht, aber vielleicht morgen oder übermor- gen. Und vielleicht anders, als wir es erwarten: Nicht als eine Antwort auf die Rätsel dieses Lebens zu- letzt...und dieses Sterbens. Vielleicht wird sie uns auch fragen: Hast du erkannt, daß ich Gott bin? Hast du eine tragende Mitte in deinem Leben. Ist deine Zeit von der Hoffnung bestimmt? Wir sind heute gefragt!!!!---- Wir sind in dieser Zeit immer so schnell bei der Klage: Es ist kaum noch Liebe unter den Menschen! Jeder denkt nur an sich. Die Moral ist im Verfall begriffen. Die alten Werte gelten nicht mehr. Seid still! Viel- leicht sind wir das ja, an denen die Liebe scheitert. Vielleicht steht unsere Selbstsucht dem Guten und den Mitmenschen im Wege! Und wir schreiben die Zustände - wie sie eben sind - so gern fest: So ist das in dieser Stadt /diesem Dorf! Der und der hat diesen Charakter! Die ist depressiv - da wird sich nichts mehr machen lassen. Seid still! Wenn nun wir es wären und unser Reden und Denken, die jede Veränderung verhindern? Ja, wenn wir und unser Dünken vielleicht ein Glied in der Kette wären, die manchen Mitmenschen fesselt und langsam erwürgt. Weil wir keine Hoffnung für ihn haben, wagt er keinen neuen Versuch. Weil wir ihm keine Chance einräumen, traut er sich nicht. Weil wir dieses feste Bild von ihm haben - kann er kein anderer werden! Und für uns selbst haben wir oft doch auch keine Aussicht: "Ich bin jetzt 30, 50 oder 70. Ich bin, wie ich bin. Wenn ich in meinen Jahren zum Glauben gefunden habe, dann ist es gut. Wenn nicht - nun, dann ist es auch gut. Es wird alles so weitergehen wie bisher. Vielleicht noch 20 Jahre, 30 - noch 10? Seid still! Das ist nicht das Leben, zu dem uns Jesus Christus befreien wollte! Das ist kein zuversichtliches, frohes Schaffen mit einem Ziel vor Augen. Das ist überhaupt kein Leben. Das ist Ersatz. Seid still und erkennt, daß ich Gott bin! In dieser Stille werden wir erkennen: Es ist ja gar nicht nur jetzt dieses harte Schicksal, das uns von Gott herkommt! Er hat ja gar nicht nur diese rätselvolle, dunkle Seite. Er macht uns ja auch ein Angebot: Ich liebe dich und will, daß du lebst! Ich schenke dir deine Jahre, deine Talente, deine Habe und alles. Erkennt, daß ich Gott bin! Du bist geborgen in meiner Hand. Du lebst aus meiner Güte. Du bist nicht allein. Und noch mehr: Wer du auch bis heute gewesen bist, was die Leute auch von dir "wissen" und reden... Heute darfst du mit mir anfangen. Was war, soll uns nicht tren- nen. Deine Schuld mag nicht mehr gelten. Ich will vergeben - um Jesu Christi willen -, du bist frei! Er- kennt, daß ich Gott bin! Ein unendlich gütiger Vater, der schenken und schenken will, großzügig, ohne Ende... Und am Ende dieses Lebens - das Leben! Du sollst Zukunft haben, nicht dem Vergessen anheim fallen, nicht im Tod vergehen - um Jesu Christi willen - wird Gott sich an dich in Ewigkeit erinnern. Du sollst seine Nähe schauen! Erkennt, daß ich Gott bin! Der die Welt gemacht hat und das All kümmert sich um mich kleinen Men- schen. Dem alle Gewalten im Himmel und auf Erden dienen müssen, will mein Leben bewahren. Der mächtig ist ins Dasein zu rufen und in den Tod, möchte mich ewig bei sich haben. Und er will nur meinen Glauben, will nur mein Vertrauen, will nur, daß ich ihn suche, daß ich mich auf ihn einlasse, daß ich ris- kiere, auf sein Wort zu hören und seinem Willen zu folgen. Das mag ein Sprung ins Ungewisse sein. Das mag nicht leicht sein. Den ausgetretenen Wegen unseres Lebens weiter zu folgen, ist einfacher. Erkennt, daß ich Gott bin! Unser Vertrauen hat ein Gegenüber! Unser Glaube stößt nicht ins Leere! Unser Sprung ist kein Fallen ins Bodenlose! Gott fängt uns auf. Liebe Angehörige, liebe Gemeinde! Das alles sind keine Antworten auf die Fragen, die uns bewegen. Und sie sind es doch! Wir haben keinen Trost in diesen Tagen nach diesem Tod. Und werden doch getröstet. Wir sehen kein Licht in all dem Dunkel - und es ist doch schon aufgegangen: Seid still und erkennt, daß ich Gott bin! Wir fühlen uns alleingelassen - und sind es doch nicht. Gott ist bei uns. Auch jetzt. In allem, was uns geschehen ist und geschieht. Wir werden ihn suchen - und er will sich finden lassen.