Kleine Ansprache zu Einstimmung in die Arbeit mit dem Lerntheoretischen Predigtmodell von Manfred Günther (Die kleine Ansprache folgt den fünf Stufen des Lerntheoretischen Modells, sie wurde auf einem LektorenInnen- und PrädikantInnentag gehalten) 1.) Ich hoffe, es erschreckt sie ein wenig, wenn ich jetzt sage: Ich will ihnen heute das Lerntheoretische Predigtmodell nahebringen. Wenn nicht, dann wäre jetzt aus meiner kleinen Ansprache frühzeitig die Luft raus. Ich möchte sie nämlich anregen, daß sie mir gern zuhören und auch ein wenig gespannt sind, was das wohl ist, das "Lerntheoretische Predigtmodell"... Zuerst klingt das ja ein wenig nach dem einen oder anderen Unfug, den junge Theologen heute wohl auf den Predigerseminaren hantieren. Sicher etwas von dem modernen Kram, der Verkündigung vom Herzen zu den Herzen nur behindert. Für die Predigt braucht man doch vor allem eine saubere Exegese und einen inneren Bezug, mit einem Wort: Man muß von der Sache des Textes ergriffen sein! 2.) Auf der anderen Seite: "Predigt"-modell... Die Verkündigung der guten Botschaft liegt uns doch allen ganz besonders am Herzen. Irgendwie steigen wir doch immer wieder gern auf die Kanzel. Und wenn dann die Kirche so richtig schön voll ist...! Wenn es nun Möglichkeiten gäbe, die Hörer mehr zu packen! Wenn andere vielleicht Methoden hätten, durch die sie leichter zu den Herzen der Menschen vordringen. - Ach, "Methoden"..., wie sich das schon anhört! Schon solche Begriffe passen doch nicht zu unserem vornehmsten Amt: der Verkündigung! Andererseits: Warum sperren wir uns nur so gegen alles neue? Könnte man es sich nicht einmal unbefangen anschauen und prüfen? 3.) Probiert haben wir's ja alle schon einmal, etwas mehr Leben oder Anschauung in unser Predigen zu bringen. Einer hat an seiner Sprache gearbeitet. Eine andere hat den einen oder anderen hölzernen Begriff aus ihrer Vorlage gestrichen und durch ein plastischeres Wort ersetzt. Ein dritter hat Beispiele oder eine kleine Geschichte zur Predigt beigesteuert, um sie ein wenig farbiger werden zu lassen. Eine vierte schreibt die Vorlage ab und prägt sich alles ganz genau ein, daß sie dann möglichst frei sprechen kann. Ein fünfter kürzt vielleicht hie und da eine zu lange Predigt, um so der Konzentrationsfähigkeit seiner Hörer entgegen- zukommen. Ganz durchschlagend aber hat das alles nicht gewirkt. Wer langsam und deutlich spricht, kann die Menschen auch nicht immer für seine Inhalte begeistern. Auch ohne Fremdwörter sind manche Predigten schwierig und ihre Gedanken nicht eingängig. Die kleine Geschichte, die wir der Predigt vorschalten oder hinzufügen, bleibt oft ein Versprechen, das die Ansprache insgesamt dann nicht halten kann. Wer nicht am Konzept klebt, hat aber dennoch dieses Konzept - und es hat vielleicht deutliche Mängel im Aufbau? Und oft genügen auch schon 12 Minuten, um die Hörer einzuschläfern, bei anderen Predigern dagegen sind die Menschen auch nach einer halben Stunde noch hellwach! - Eine Predigt, die ankommt, muß offenbar noch etwas anderes bieten! 4.) Wir wollen heute das "Lern-theoretische Predigtmodell" kennenlernen und anwenden. "Lernen"..., wenn wir da einmal nach der Absicht unseres Predigens fragen, können wir gewiß alle sagen: Ja, die Leute sollen durch meine Verkündigung etwas lernen! Vielleicht möchte ich erreichen, daß die Hörer eine neue Sicht ihres Lebens gewinnen. Vielleicht will ich ihnen einen Gedanken aus dem Evangelium mitgeben, der ihnen hilft, Trauer, Angst oder Resignation zu bewältigen. Mag auch sein, ich will eine Verhaltensänderung meiner Gemeinde bewirken. Immer dreht es sich um "Lernen" im engeren oder weiteren Sinn. Nun gibt es da ein Schema, nach dem sich jedes Lernen abspielt. Dieses Schema verfolgt - wie auch schon diese Ansprache - fünf Lernschritte. Diese "Fünf Stufen", wie man sie auch nennt, sind also nicht aus irgendeiner wissenschaftlichen Theorie hergeholt. Das Modell, das wir heute kennenlernen wollen, ist vielmehr der Praxis abgeschaut. So - wie es hier beschrieben wird - funktioniert jedes Lernen. Warum sollten wir uns also dieses Modell nicht auch beim Lern-prozeß "Predigt" dienstbar machen? Wenn so meine Verkündigung doch besser ankommt! 5.) Für Erschrecken und Mißtrauen ist also gar kein Grund. Vielleicht nehmen wir von heute etwas mit, was unser Predigen in Zukunft effektiver macht und damit ja auch befriedigender für uns selbst. Wir würden uns damit einreihen in die Schar vieler Prediger, die mit diesem Modell seit Jahren gute Erfahrungen machen - übrigens nicht nur bei der Predigtarbeit, auch im Konfirmanden- und im Religionsunterricht und überall, wo wir Ansprachen oder Reden zu halten haben. - Die Beschäftigung mit dem Lerntheoretischen Predigtmodell könnte sich also wirklich lohnen!