Fragen, die unser Leben begleiten: "Warum wir leiden müssen" - 4. Passionsandacht So haben wir das Leid bisher kennengelernt: Als ein Schultertippen Gottes, als Prüfung, die er uns schickt und als Strafe, was unser Leid auch einmal sein kann... Vielleicht haben Sie sich gefragt, ob es denn noch weitere Deutungen gibt oder ob jetzt nicht alles gesagt ist... Mindestens 2 Bedeutungen des Leidens habe ich noch gefunden. Die eine ist heute dran, die andere dann in der nächsten Woche. Es sind wohl die gewichtigsten Sinne des Leids überhaupt und sie sind auch sehr ähnlich...aber ich spreche jetzt deutlicher: Ich meine den Sinn, daß ein Mensch für einen anderen oder für viele leiden muß. Das hört sich schon einmal seltsam an und noch seltsamer ist vielleicht, daß es so etwas - vor Gott! - gibt. Aber anders kann ich mir nicht erklären, warum so eindeutig und so augenfällig in manchen Familien einzelne Personen schwer leiden müssen, vom Unglück (wie wir sagen) verfolgt werden und lange schwere Zeiten haben, während es dem Rest der Familie bestens geht. Das ist wirklich seltsam, daß es so etwas geben soll, aber das gibt es. Und wir sagen dann vielleicht auch entsprechende Gedanken: Bei euch muß wohl die Mutter alles tragen, was ihr anderen verschuldet habt!? Und manchmal meinen wir wohl auch, daß eine oder einer aus der Hausgemeinschaft für all das bezahlen muß, was die leichtfertige Art der anderen, was ihre Sünde und Bosheit an Schuld und Strafe heraufbeschworen hat. Ich glaube, das ist nicht nur unser menschlicher Versuch der Erklärung. Das ist wohl oft so! Was mich da so sicher macht ist dies: Immer wieder in der Bibel wird Gottes Heimsuchung beschrieben - und sie geschieht eben nicht an den wirklich Schuldigen! Beispiele? König David vergreift sich an der Frau eines seiner Soldaten. Nicht er selbst muß die volle Härte der Strafe leiden, sondern das Kind, das aus dieser Beziehung entsteht stirbt früh. Und nicht an den Vätern und Müttern will Gott überhaupt die Schuld dieser Väter und Mütter strafen, sondern an den Kindern - bis ins dritte und vierte Glied! (2.Mos.20,5) Warum ist das so? Ich weiß es auch nicht. Was ich aber weiß ist dies: Den so für andere Gestraften wird auch Gottes Hilfe zuteil. Und Gott liebt sie deswegen nicht weniger, weil ihre Eltern Missetat getan haben. Anders gesagt und praktisch: Wenn Gott einem Kind das Leben nimmt, weil seine Eltern Sünde auf sich geladen haben, so läßt er das Kind ja nicht ins Nichts fallen; er behält es vielmehr zum ewigen Leben in seiner Hand. Ja, vielleicht müssen wir gerade in diesen Fragen lernen, über dieses Leben hinauszuschauen: Vor dem Hintergrund der Ewigkeit wird ja manches, was Menschen hier leiden müssen - und sei es für andere - viel geringer und es hat doch deutlich weniger Bedeutung. Trotzdem bleibt das rätselhaft und fremd, das es so etwas geben soll. Anders aber ist ja auch Jesu Sterben für uns nicht zu begreifen. Denn auch er stirbt ja nicht für die eigene Schuld, sondern für die aller Menschen... Aber darüber wollen wir erst in der nächsten Passionsandacht sprechen. Halten wir von heute fest: Leiden kann auch den Sinn haben, daß es ein Leiden für andere ist. Gott hält solches Leid denen zugut, die es gar nicht tragen müssen. Es ist also ein stellvertretendes Leid, sozusagen.