Ein Wort zu dieser Andachtsreihe: Die Andachten haben jeweils nur eine ganz kurze Auslegung. Sie sollen mehr zum Kennenlernen der Passionsgeschichte dienen - ein Wort aus dem Text soll bedacht werden - vielleicht einmal zwei. Psalm, Lied und Gebet runden die kleinen Passionsandachten ab. 5. Text aus der Leidensgeschichte nach Johannes: Jesu Kreuzigung und Tod 19,17 Sie nahmen ihn aber, und er trug sein Kreuz und ging hinaus zur Stätte, die da heißt Schädelstätte, auf hebräisch Golgatha. 19,18 Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere zu beiden Seiten, Jesus aber in der Mitte. 19,19 Pilatus aber schrieb eine Aufschrift und setzte sie auf das Kreuz; und es war geschrieben: Jesus von Nazareth, der König der Juden. 19,20 Diese Aufschrift lasen viele Juden, denn die Stätte, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nahe bei der Stadt. Und es war geschrieben in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache. 19,21 Da sprachen die Hohenpriester der Juden zu Pilatus: Schreib nicht: Der König der Juden, sondern, daß er gesagt hat: Ich bin der König der Juden. 19,22 Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben. 19,23 Als aber die Soldaten Jesus gekreuzigt hatten, nahmen sie seine Kleider und machten vier Teile, für jeden Soldaten einen Teil, dazu auch das Gewand. Das war aber ungenäht, von oben an gewebt in einem Stück. 19,24 Da sprachen sie untereinander: Laßt uns das nicht zerteilen, sondern darum losen, wem es gehören soll. So sollte die Schrift erfüllt werden, die sagt: »Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und haben über mein Gewand das Los geworfen.« Das taten die Soldaten. 19,25 Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. 19,26 Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn! 19,27 Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter! Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich. 19,28 Danach, als Jesus wußte, daß schon alles vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde: Mich dürstet. 19,29 Da stand ein Gefäß voll Essig. Sie aber füllten einen Schwamm mit Essig und steckten ihn auf ein Ysoprohr und hielten es ihm an den Mund. 19,30 Als nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! und neigte das Haupt und verschied. Kleine Auslegung: Liebe ZuhörerInnen! Es ist ja ein bißchen schwer, nun nicht über die Kreuzigung zu sprechen. Das Leid nicht zu bedenken und die Schmerzen unseres Herrn nicht zum Thema zu machen. Aber das wird alles in unseren Gottesdiensten in der Karwoche seinen Platz und sein Gewicht bekommen. Die kleine Andacht heute könnte ja auch wieder kaum all das Leid fassen, das in diesen Versen liegt. Mir ist ein Zug dieser Verse aufgefallen, eine Sache, die sich durch diese Geschichte zieht, auch schon durch die Texte, die wir in den vergangenen vier Passionsandachten gelesen haben. Darüber will ich reden. Ich meine das: Wie ein roter Faden zieht es sich durch die Leidensgeschichte - besonders des Johannes, daß sich hier etwas erfüllt, was schon lange bei Gott beschlossen war. Hinweise darauf sind diese Gedanken: Selbst ein Heide wie Pilatus einer war, muß über das Kreuz die Wahrheit schreiben: "König der Juden." Die Hohenpriester können es nicht verhindern. "Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben." Die Soldaten würfeln um Jesu Rock, damit die Schrift erfüllt würde... So stark ist die Bestimmung durch einen höheren Plan, daß es selbst so rauhe Gesellen, wie es Soldaten sind, die immerhin eben noch einem Wehrlosen Nägel durch die Hände und Füße getrieben haben, nicht fertigbringen, das Gewand in Stücke zu schneiden. Und schließlich sagt Jesus am Ende das: Es ist vollbracht. Er bestätigt damit, daß sich hier ein höherer Wille vollzieht, der vielleicht seit Anfang der Welt festlag. Und wie gesagt: In den Teilen der Leidensgeschichte, die wir bis heute schon gelesen haben, wird das auch immer wieder deutlich gewesen. Was könnte uns das sagen? Vielleicht dies: Dieser Jesus war keinen Augenblick von seinem Vater im Himmel verlassen. Auch wo er das ja selbst kurze Zeit denkt und beklagt, "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen", ist er doch nicht allein. Jeder seiner Schritte in dieser Welt war unter Gottes Augen. Jedes Wort hat sein Vater gehört. Kein Leid, keine Regung seines Herzens war Gott verborgen. Alles war im Plan Gottes. - Damit haben wir nicht enträtselt, warum dieser Plan so war. Aber das müssen wir erkennen: Es gab diesen Plan Gottes! Das will uns nun als zweites das nahebringen: Auch über uns gibt es einen Willen Gottes. Auch für uns hat Gott einen Auftrag, eine Aufgabe. Wir können sie erfüllen - Jesus hat seine schwere Aufgabe übernommen! - oder wir können uns verweigern. Aber es gibt den Auftrag, es gibt den Plan - auch über unserem Leben. Also - und das ist vielleicht das Wichtigste und vor allem Tröstlichste - auch wir sind unter dem gütigen Blick Gottes! Keinen Gedanken können wir fassen, den Gott nicht schon wüßte. Keine Trauer, keine Angst, kein Schmerz, die uns von ungefähr zustoßen. Alles kommt aus Gottes Hand und Herz. Und bei allem sind wir von ihm begleitet und beschützt. Alles wird uns darum - wie es auch bei Jesus war - nicht von Gott trennen können. Und selbst, wenn es in den Tod geht: Dahinter führt uns Gott - wie seinen Sohn - ins Leben. Ich finde, das ist gut zu wissen. Wenn wir auch oft nicht begreifen können, warum der Plan Gottes es so oder so bestimmt hat, es gibt diesen Plan und unser Leben kann sich danach vollziehen, wenn wir uns im Glauben dreinschicken. Besseres kann uns nicht blühen, als Gottes Plan mit uns!