Ein Wort zu dieser Andachtsreihe: Die Andachten haben jeweils nur eine ganz kurze Auslegung. Sie sollen mehr zum Kennenlernen der Passionsgeschichte dienen - ein Wort aus dem Text soll bedacht werden - vielleicht einmal zwei. Psalm, Lied und Gebet runden die kleinen Passionsandachten ab. 2. Text aus der Leidensgeschichte nach Johannes: Jesu Gefangennahme 18,1 Als Jesus das geredet hatte, ging er hinaus mit seinen Jüngern über den Bach Kidron; da war ein Garten, in den gingen Jesus und seine Jünger. 18,2 Judas aber, der ihn verriet, kannte den Ort auch, denn Jesus versammelte sich oft dort mit seinen Jüngern. 18,3 Als nun Judas die Schar der Soldaten mit sich genommen hatte und Knechte von den Hohenpriestern und Pharisäern, kommt er dahin mit Fackeln, Lampen und mit Waffen. 18,4 Da nun Jesus alles wußte, was ihm begegnen sollte, ging er hinaus und sprach zu ihnen: Wen sucht ihr? 18,5 Sie antworteten ihm: Jesus von Nazareth. Er spricht zu ihnen: Ich bin's! Judas aber, der ihn verriet, stand auch bei ihnen. 18,6 Als nun Jesus zu ihnen sagte: Ich bin's!, wichen sie zurück und fielen zu Boden. 18,7 Da fragte er sie abermals: Wen sucht ihr? Sie aber sprachen: Jesus von Nazareth. 18,8 Jesus antwortete: Ich habe euch gesagt, daß ich es bin. Sucht ihr mich, so laßt diese gehen! 18,9 Damit sollte das Wort erfüllt werden, das er gesagt hatte: Ich habe keinen von denen verloren, die du mir gegeben hast. 18,10 Simon Petrus aber hatte ein Schwert und zog es und schlug nach dem Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm sein rechtes Ohr ab. Und der Knecht hieß Malchus. 18,11 Da sprach Jesus zu Petrus: Steck dein Schwert in die Scheide! Soll ich den Kelch nicht trinken, den mir mein Vater gegeben hat? Kleine Auslegung: Liebe ZuhörerInnen! Wie beim letzten Mal, alles Wichtige aus diesem Text können und wollen wir nicht besprechen, dazu fehlt die Zeit. Aber so ein paar Gedanken will ich schon sagen. Heute sind es zwei. Und zwei Worte aus dem Text auf den sie sich beziehen. Das erste Wort, das mich in dieser kleinen Geschichte von Jesu Gefangennahme besonders beeindruckt hat, ist dies: Als nun Jesus zu ihnen sagte: Ich bin's!, wichen sie zurück und fielen zu Boden. Sie sind offenbar völlig überrascht davon, daß dieser Jesus nicht zu fliehen versucht. Ja, er scheint ihnen geradezu entgegengegangen zu sein, denn sie weichen zurück. Und mehr noch: Sie sind völlig überrascht und überwältigt. Das haben die Knechte des Hohenpriesters wohl in ihrer ganzen Laufbahn noch nicht erlebt: Einer, der sich freiwillig stellt. Der nicht ausweicht, nicht um Barmherzigkeit bettelt, sondern sein von ihnen verfügtes böses Geschick annehmen will. - Uns könnte das etwas deutlich machen: Für Jesus war das offenbar nicht ein von Menschen allein beschlossenes Schicksal. Gott steht hinter dem Los, das sie ihm zugedacht haben. Unser Herr hat es gewußt, was ihm blüht und ist nicht davongelaufen. Er wollte leiden. Warum? Weil einer für uns alle Schuld tragen mußte. Hier wird es deutlich, was sein Auftrag war und daß er ihn übernehmen wollte - so schwer ihm das geworden ist. Und das zweite weist in eine ähnliche Richtung: Sucht ihr mich, so laßt diese gehen! Es ist allein sein Auftrag! Er wird zwar auch für seine Freunde, seine Jünger leiden, wie er für alle Menschen leidet, aber er wird das tun! Das eben ist ja das Geheimnis der Erlösung, daß einer für alle leidet! Daß einer abträgt, was alle an Schuld angehäuft haben. Daß einer das Lamm ist, das für viele geschlachtet, einer das Lösegeld, das für alle gezahlt wird. Die anderen dürfen gehen! - Stellen wir uns das vor: Er weiß, was ihm blüht und stellt sich doch noch vor andere, daß denen nicht einmal ein Haar gekrümmt wird! Erstaunlich. Es zeigt die gewaltige Größe dieses Herrn. Und das ist ja auch bis heute genau das, worum es bei Jesu Leiden geht: Da sind wir gemeint! Wir haben zwar Sünde, wir sind beladen mit der Schuld unseres Lebens, aber wir sind frei, werden nicht gestraft, nein, noch beschenkt mit allen guten Gaben und mit der Zukunft, die über den Tod hinausreicht. Laßt diese gehen!, sagt Jesus auch über uns. - Welch ein Herr! Welch eine wunderbare Sache!