Kampf der Steuerflucht! (Aus dem kleinen Handbuch für Steuerfahnder) Die Bundesrepublik hat eben ein kleines Handbuch rausgegeben, damit’s dem Steuerfahnder nützt und seine Arbeit unterstützt, wenn der, die Steuerflucht zu hindern und Hinterziehung zu vermindern, sich aufmacht kreuz und quer durchs Land im Steuerfahnder-Kampfverband. Hier lest ihr schon mal auszugsweise ein Stück des Handbuchs, das im Kreise der Hochfinanz und Industrie die Sünder schlottern lässt - und wie! Gar manche steh’n schon an der Klippe und andre netzen ihre Lippe wohl bald mit Zyankali-Saft. Unglaublich hart und voller Kraft sind dieses Handbuchs Paragraphen! Sie finden, packen und bestrafen in Windeseile jedermann, der nicht den Nachweis führen kann, dass er den Lohn, die Honorare, die Schecks sowie auch alles Bare, das Börse, Strumpf und Konto füllt dem Staat in Wahrheit treu enthüllt, um dann entsprechend - ohne Lücken! - die Steuerschulden abzudrücken. - Hier also kommt jetzt mein Versuch, die Quintessenz aus diesem Buch für Fahnder einfach darzustellen. Vier Punkte sind’s, getreu den Quellen in aller Kürze aufgeführt: Der allererste Punkt berührt die Pflicht der Fahnder, nicht zu schweigen, vielmehr den Medien anzuzeigen, man habe jemand im Visier. Den Sinn der Übung ahnen wir: Es geht darum, durch die Erregung (wie sie entsteht bei Offenlegung des Tatverdachts), durch Angst und Schock im Steuer-Delinquenten-Block Gewissensnot hervorzubringen, zur Selbstanzeige den zu zwingen, der vor Entsetzen wie gelähmt. Auch setzt man drauf, dass er sich schämt (denn Steuerflucht ist ziemlich böse!) und wartet, dass man ihn erlöse, indem man ihm die Strafe gibt, wie sie die echte Reue liebt!* Der zweite Punkt ist fahndungstaktisch und für die Sache doppelt praktisch: Man lasse recht viel Zeit vergeh’n, bis Fahnder vor den Türen steh’n. Das dient der guten Vorbereitung der Razzien und auch der Begleitung des Steuersünders durch dem Staat, der ihn vermittels Mediensaat tagtäglich lockt, dass er sich stelle. (Ein Nebennutzen ist die Welle der Reißwolf-Absatzsteigerung!) Punkt drei bringt jetzt den rechten Schwung: Man warte nämlich nicht mehr länger und starte beim Hartz IV-Empfänger und weite dann die Razzien aus: Geringverdiener, Armenhaus und die Bezieher kleiner Renten, Stadtstreicher, Ewige Studenten sind dabei erstes Fahndungsziel! Dann kommt der Mittelstand ins Spiel und wenn genügend Zeit vergangen, lohnt’s bei den Reichen anzufangen, die nämlich sind dann wohl soweit: Zur Reue war genügend Zeit, auch hat man jetzt den Kram beisammen: Man weiß, woher die Gelder stammen, für die man Steuern hinterzog. Vollständig ist der Katalog der eingesparten Steuerlasten. Das alles ist in einem Kasten jetzt schön geordnet und verpackt. - Punkt vier beschreibt den letzten Akt: Wen Fahnder nämlich jetzt noch greifen, zählt wohl auch geistig zu den Pfeifen und wird, bevor sein Hirn zerfällt rasch in die Klapse überstellt, dort ist er bestens aufgehoben! - Zum Schluss: Ich muss das Handbuch loben! Ganz ohne Gnade und Humor, geht es mit großer Härte vor! Wie alte Leute bei Gewittern wird jetzt der Hinterzieher zittern. - Der deutsche Staat weiß, wie man’s macht! Ihr Steuersünder gebt nur acht, man hat euch längst im Fahndungsraster, drum rückt heraus den Steuerzaster, ihr schlimmen Jungs, euch kriegen wir! - Oh Gott, es klingelt grad bei mir! Manfred Günther * Martin Luther: „Echte Reue liebt die Strafe!“ Nur wenig übertrieben! - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 98