Denglisch (Ein Aufruf zur sprachlichen Umkehr!) Es ist schon manchmal nicht zu fassen, was wir uns so gefallen lassen! Und oftmals - ohne jeden Sinn! - sind wir im Wahnsinn mitten drin! Doch wird es Zeit hier darzulegen, was mich denn treibt, mich aufzuregen: Es geht um deutschen Sprachgebrauch in Werbung, Mode, Medien auch, in Deutschland, wo die Deutschen leben und sprachlich davon Zeugnis geben, dass sie des Deutschen mächtig sind. Nur: Sind sie’s noch? Spricht jedes Kind in dieser Zeit nicht fremde Zunge? Statt Mädchen „girl“ und „boy“ statt Junge und „cool“ und „happy“, „lucky“, „smart“ ... Und ist es denn von andrer Art, wie später die Erwachs’nen sprechen und mittels Denglisch radebrechen: Man „walked“ zur „Beach“ statt an den Strand, stets mit dem „Funboard“ in der Hand. Statt Bummeln geht man „easy“ „Shoppen“, Verreisen heißt nun „City-hoppen“. Ein „Joke“ ist das, was früh’r ein Witz und hat man Kinder, sind das „kids“. Besonders schlimm, ja unerträglich ist, was das Fernseh’n uns tagtäglich als „lifestyle“ in den „soaps“ serviert: Ein „Loser“ ist, wer nur verliert, der „Lover“ meint, mit wem ich gehe und (drei, vier Tage) mich verstehe; die Kurzform - ohne „Happy end“ - dagegen nennt sich „One-night-stand“. Doch selbst in „News“ und „Trend“-Berichten, will man auf Englisch nicht verzichten: Ist einer oder etwas „out“, dann ist sein „Image“ abgeflaut und sagt man das von Wertpapieren, dann wird sein „Money“ man verlieren, weil unsres „Funds“ „Performance“ sinkt. Und wer sich per PC ver-„linkt“, um dann zu „surfen“ oder „chatten“, der kommt gewiss, da kann ich wetten, am Sprachen-Mischmasch nicht vorbei: Dort gilt es etwa eins, zwei, drei, sich was vom „Server“ „downzuloaden“. Auch „Mailen“ zählt heut’ zu den Moden der „DSL“ und „Flatrate“-Zeit, sowie am „Keyboard“ globusweit mit dem „Explorer“ rumzu-“browsen“. - Ich sag’ es klar: Mich packt das Grausen vor so viel fremder Sprachgewalt! Ist deutsche Zunge denn so alt, so starr, so überholt und ärmlich? Ist unser Wortschatz zu erbärmlich, um das zu sagen, kurz und gut, was schlechter doch das Englisch tut? - Und seh’ ich jetzt nach unsern Alten, dann bin ich vollends ungehalten: Sie haben Englisch nie gelernt! Der neue Sprachgebrauch entfernt jedoch die Menschen, die schon älter aus der Gemeinschaft. Immer kälter wird’s also auch gesellschaftlich. Wer jung an Jahren schottet sich schon ab durch seine Wahl der Worte: „Locations“ nennt er heute Orte und „Chillen“, wenn er sich entspannt. Und ist er durch den Wald gerannt, dann war das „Joggen“ und nicht Laufen. Er „leased“ sein „Bike“ statt „cash“ zu kaufen (soweit er’s „limit“-mäßig kann!). Nur noch der „Mainstream“ „törnt“ ihn an und „Talk-Shows“ sind sein Hauptvergnügen. - So weit, so schlecht. Das wird genügen, die „crux“ ist nicht mehr zweifelhaft. Was heute fehlt, ist Leidenschaft für unsre eig’ne reiche Sprache! Das Denglisch ist wie eine Brache, auf der nur Gras und Disteln steh’n. Auf deutschem Sprachgrund aber geh’n die schönsten Ähren auf - noch heute! Was unsre Dichter schon erfreute, von Goethe, Schiller bis Bert Brecht, das ist auch heutzutage recht und fähig, alles auszudrücken! Das Deutsche nur baut jene Brücken von Mensch zu Mensch, von Ort zu Ort, die Bindung schaffen durch das Wort, damit sich alle auch verstehen. - Ein neues Sprechen anzugehen, beginnen wir vielleicht damit, zunächst uns selber Schritt um Schritt auf deutsches Sprachgut zu beschränken. Man staunt! Auch wo wir’s erst nicht denken, gibt Deutsch oft bess’re Wörter her: Aus „beach“ wird wieder „Strand“ am Meer, zum „Mietkauf“ kehrt zurück das „Leasen“. Und weiter so! Schnell ist bewiesen: Die deutsche Sprache ist sehr reich und keine and’re kommt ihr gleich - vielleicht noch jene der Franzosen? - Man nenne weiter „Jeans“ die Hosen, und sage hie und da „okey“, doch überprüfe je und je, ob denn kein deutsches Wort zu finden. In Deutschland kann nur Deutsch verbinden, weil Jung und Alt das Deutsche spricht. (Das plumpe Denglisch kann das nicht!) Manfred Günther Nur wenig übertrieben! - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 97