Das gestohlene Christkind (Auf der Suche nach dem Kern der Weihnacht) Heut’ wird mal gar nicht übertrieben, vielmehr ganz strikt bei dem geblieben, was auch in unsrer Wirklichkeit in dieser „freudenvollen“ Zeit besonders an den Weihnachtstagen, sich abspielt. Dabei woll’n wir fragen, worum es eigentlich noch geht, wenn Freude im Kalender steht. Wir wagen also nachzusehen, wohin denn die Gedanken gehen, wenn sanft und milde sich beim Fest die Stimmung bei uns niederlässt und ob denn hinter Emotionen noch Christlichkeit und Glauben wohnen, denn manchmal - ob’s wohl nur so scheint? - hab’ sicher nicht nur ich gemeint, da wäre vieles nur Fassade. Doch andrerseits, es wäre schade, wenn inhaltlich bald gar nichts bleibt! Nun bin ich Autor nur, der schreibt und mein Gedicht kann’s nicht ergründen! Doch soll’s jetzt in die Frage münden, die jeder sich am Weihnachtstag dann ganz persönlich stellen mag: Hab’ ich die Botschaft auch verstanden und ist denn Freude noch vorhanden und nicht Gewohnheit nur und Brauch? Doch wie’s auch sei, das sag’ ich auch: Es kann noch heute anders werden! Denn dazu kam das Kind auf Erden, das aller Weihnacht Anfang ist. Wenn ihr das ahnt, vielleicht auch wisst, dann hört auf folgende Geschichte, die wahr ist, die ich nur verdichte, damit sie euer Herz erreicht und dort die Botschaft unterstreicht, um die sich Traditionen drehen und Bräuche uns als Hinweis stehen, damit die Seele dran erkennt, was man den Kern der Weihnacht nennt. - So folgt mir in Gedanken, bitte, in eine Kirche, ein paar Schritte ... (- fast wie das Gotteshaus am Ort, in dem ihr wohnt!) Man sieht sofort, es ist wohl an den Feiertagen, denn eines Christbaums Zweige tragen Lametta, Kugeln und Konfekt von Zucker, oben aufgesteckt ein Rauschgoldengel, der die Flügel gespreizt hält wie ein Kleiderbügel. Die Lichterkette ist noch aus. Am Fuß des Baums ein kleines Haus mit einem Dach, gedeckt mit Schindeln, darin die Krippe mit den Windeln, Maria, Josef, Esel, Rind ... Doch halt, wo ist das Krippenkind? Da kommt auch schon, er ist am Zetern, der Pfarrer mit KV*-Vertretern. (Wir selber treten jetzt zurück und schauen, wie das „Krippenstück“ sich hier wohl weiter noch entfaltet.) Der Küster Meier, der hier waltet, kommt eben eilig auch herbei. Schon klagt er: „Das ist Schurkerei, am Weihnachtstag das Kind zu stehlen!“ Worauf der Pfarrer meint: „Und fehlen ansonsten denn Figuren noch?“ „Nein, nur das Christuskind und doch, wie soll’s denn geh’n mit leerer Krippe?“ Dem Kirchendiener bebt die Lippe, dann stößt er voller Schmerz hervor: „Wo gab’s das je? Ein Dorf verlor den lieben Heiland! Welch ein Kummer!“ „Vielleicht ist’s ja ein Scherz, ein dummer“, so meldet sich aus dem KV jetzt zaghaft eine kleine Frau. Darauf der Pfarrer wieder heftig: „Ein solcher Scherz ist doch zu deftig, denn ohne Heiland geht es nicht! Er ist allein der Weihnacht Licht und fehlt er, gibt es keine Feier!“ Jetzt dreht zur Tür sich Küster Meier wo jetzt des Pfarrers kleiner Sohn, der zeitig auf am Morgen schon, den Raum „betritt“ auf einem Roller! Doch reicht das nicht, es wird noch toller, denn vorne ist, da hat es Halt, mit Schnur das Christkind angeschnallt und Pfarrers Söhnchen sieht man strahlen! Das Folgende hier auszumalen, verbieten Zeit mir und der Platz. Nur soviel noch in einem Satz: Der Kleine hatte es versprochen, als er vom Christkind sich vor Wochen den Roller wünschte, dass es dann mit ihm auch einmal fahren kann, so kam er also heute Morgen, den Heiland kurz sich auszuborgen - und hat die Rollerfahrt gemacht! - So geht viel besser als gedacht der Christkind-Diebstahl jetzt zu Ende und nimmt sehr glücklich eine Wende zum Guten und zur Freude hin: Jetzt nämlich hat es wieder Sinn das Fest der Weihnacht zu begehen! - Ob wohl die Leser auch verstehen, was die Geschichte sagen will? Ich jedenfalls bin jetzt ganz still und blicke ehrlich selbst nach innen ... Um echte Freude zu gewinnen, braucht’s weder Rummel noch den Tanz um Schenkerei und äuß’ren Glanz, die oft den Kern der Weihnacht hindern und durch die Fülle eh’r vermindern. Es reicht, wenn zwei beisammen sind: Mein off’nes Herz ... und Gottes Kind! Manfred Günther * KV = Kirchenvorstand Nur wenig übertrieben! - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 92