Wer weiß Rat? Warum denn soll ich nicht mal fragen? Vielleicht kann ja ein Leser sagen, was er zu dieser Sache meint, die mir nur rätselhaft erscheint? Doch jetzt konkret: Es geht um Malte, den Gockelhahn, den ich mir halte, damit er Berta, Erna, Gritt, Elvira und die Klara tritt*, (fünf Hühner also!), dass zum Segen des Speiseplans sie Eier legen. Das allerdings ist lang vorbei! Ein halbes Jahr schon gibt’s kein Ei, denn Malte hält nichts mehr vom Treten! Nachdem ich mehrfach ihn gebeten, er solle sich zu solchem Tun doch hie und da ein nettes Huhn aus seinem kleinen Harem nehmen - er will und will sich nicht bequemen und ist auch sonst recht sonderlich. Zur Nacht beim Schlafen setzt er sich seit Wochen nicht mehr auf die Stange. Und wie er läuft, es wird mir bange, ein Gang, der jeden Hahn blamiert: Er geht wie alkoholisiert! Doch bitte glaubt mir, wenn ich schwöre, Tabu sind Whisky, Schnaps, Liköre ... Silvester nur (wenn’s ihm doch schmeckt!) gibt’s stets ein Fingerhütchen Sekt - das kann doch einem Hahn nicht schaden! Von Zeit zu Zeit kriegt er die Waden vom Bauch hinab zum großen Zeh massiert mit Arnika-Gelee, das mag er ziemlich gerne leiden! Um Gehbeschwerden zu vermeiden, trag ich ihn abends in den Stall - er ist und bleibt ein Trauerfall, als Mann, beziehungsweise Gickel! Da hilft auch kein Kamillenwickel, den ihm die Tochter oft verpasst. Ein Hahn zu sein, ist ihm nur Last, er achtet weder die Verpflichtung, noch treibt der Trieb zur Tret-Verrichtung, er wirkt wie auf dem Abstellgleis. Nun bin ich ja nicht dumm und weiß: Soll so ein Hahn ein Huhn erklimmen, muss auch das ganze Umfeld stimmen: Der Stall, das Futter, die „Chemie“ ..., sensibel ist das Federvieh! So also habe ich erst neulich den Stall gestrichen, der schon gräulich; nun strahlt er wieder blütenweiß! Der Hahn jedoch blieb ohne Fleiß in Sachen der Kontaktaufnahme. Danach kam jede Hühnerdame kosmetisch ins Verschön-Programm an Krallen, Federn, Pürzel, Kamm ... Von Gritt bis Berta sind die Hennen, als solche nicht mehr zu erkennen: Mit Federglanz und zartem Flaum, sind sie der reinste Gockeltraum! Doch Malte lässt sich nicht verlocken, bleibt lustlos in der Ecke hocken und wirkt ganz müd’ und wenig frisch, so wie ein alter Flederwisch**: zu nichts mehr außer Kücheputzen und für das Federbett zu nutzen. Als nächstes kam das Futter dran. (Muss nicht auch ein Geflügelmann von Zeit zu Zeit was Gutes kriegen, damit die Hühner auf ihn fliegen?) So gibt es jeden Donnerstag, das Leibgericht, das Malte mag: Gehackten Sellerie mit Schinken! Dazu gibt’s reine Milch zu trinken, natürlich „Bio“, sämig, fett. Nun ja, der Malte findet’s nett und zeigt sich immerhin gefräßig, doch bringt es wenig kräftemäßig, was eigentlich der Sache Sinn. - Weil ich nun völlig ratlos bin, Noch einmal dringlich hier die Frage: Was hilft dem Hahn aus dieser Lage?*** (Noch eins: das Bratrohr scheidet aus, sonst hängt der Segen schief im Haus, denn Malte gilt wie ein Bekannter, nein, noch viel mehr: wie ein Verwandter, ein guter Freund, wie Gold so treu!) Woher nur kommt die Hühnerscheu, das gar nicht männliche Gebaren? Er ist mit seinen 15 Jahren doch grad erst durch die Pubertät! Ob der mir andersrum gerät? Manfred Günther * treten = der Vorgang des Eierstempelns durch den Hahn ** Ein Flederwisch (auch Wisch) ist ein Hühner, Enten- oder Gänseflügel, der als Handfeger benutzt wird. *** Nur ernst gemeinte Zuschriften bitte an pfr.guenther@onlinehome.de Nur wenig übertrieben! - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 89