Kreisverkehr Heut’ gibt es etwas zu besprechen, an dem Beziehungen zerbrechen und Freundschaft, ganze Sippen auch ... Es geht um den bekannten Brauch, Geschenktes weiter zu verschenken, was meist, so kann sich jeder denken, wohl kaum des Schenkens Sinn entspricht. Jedoch vermeiden kann man’s nicht! Denn oftmals sind die Liebesgaben, die wir geschenkt erhalten haben, so grauenhaft und deplatziert, dass einem fast das Blut gefriert, denkt er auch nur, sie zu behalten. (Auch weiß man beim Papier Entfalten schon manchmal, dass uns nicht gefällt, was der Geschenkkarton enthält - das macht die jahrelange Übung!) Wie aber sagt man, ohne Trübung und Stauung gar des Schenkefluss’, was eigentlich man sagen muss: dass ein Geschenk uns nicht willkommen!? Denn tun wir’s - nur mal angenommen -, was ist des Schenkers Reaktion? Sagt der wohl dann: „Ich dacht’ mir’s schon, drum will ich’s halt im Müll entsorgen!?“ (Vor allem, denke auch an Morgen, wenn du des Schenkers Neffe bist und er dein reicher Onkel ist!) Was also tun mit solchen Dingen, die keine rechte Freude bringen? Man schenkt sie bei Gelegenheit schnell weiter und ist selbst befreit, braucht keinen Platz zum Aufbewahren und kann sich ein paar Euro sparen und spart auch Zeit und Energie. - Doch jetzt, ihr Leser, hört ihr, wie der Brauch, geschenkte Scheußlichkeiten zu andern schenkend umzuleiten, in einem Falle nicht verfing, stattdessen in die Hose ging: Zum Siebzigsten von ihrer Base kriegt Olga Kunze eine Vase, so schnörkelig in Himmelblau. Nun ist Frau Kunze eine Frau, mit viel Geschmack und viel Erfahrung. Erfahrung sprach für Aufbewahrung der Vase bis Sankt Nimmerlein. Doch der Geschmack, der sagte: „Nein, ich bin nun wirklich kein Banause und will die Vase nicht im Hause!“ So also blieb das Ding exakt für sieben Tage eingepackt, um dann Frau Kunze zu begleiten zum jüngsten Bruder, ihres zweiten, schon früh verstorb’nen Ehemanns, er hat Geburtstag und heißt Hans. Was freut sich Hans doch an der Vase! (Doch sieht man’s schon an seiner Nase, dass die Begeisterung nicht echt, die wackelt nämlich gar nicht schlecht und bleich vor Schreck sind seine Wangen!) Kaum ist Frau Kunze heimgegangen, hat nun der Schwager nachgedacht, was er wohl mir der Vase macht? Denn eins war klar, das Ding ist hässlich! Da kam es Hans doch äußerst pässlich, dass Tage später Hochzeit war beim Nachbarsjungen Waldemar mit seiner schönen Braut Brigitte. Erst wollte er nach alter Sitte die Vase als ein Polter-Stück zerschlagen für das Eheglück ... Dann aber denkt er, junge Leute in diesen teuren Zeiten heute sind sicherlich von Herzen froh und ihre Gäste ebenso, gibt’s für die mitgebrachten Rosen als Vasen nicht nur Cola-Dosen. Der Hans verpackt die Vase frisch und legt sie auf den Gabentisch des junggetrauten Ehepaares. Auch tat er Zwanzig Euro Bares (als Schmerzensgeld!) noch ins Paket. Doch schrieb er nicht, was man versteht, noch außen drauf des Schenkers Namen! (Für uns ein Tipp, den nachzuahmen in allen solchen Fällen lohnt!) Nur Tage später also thront die Vase auf Geschenkebergen von Schalen, Leuchtern, Gartenzwergen als Kitsches Gipfel obenauf. Doch weiter geht des Schenkens Lauf: Brigitte nämlich, Tage später, wird jetzt vom Opfer selbst zum Täter! Denn die Kollegin Wilma Kraft, die in derselben Firma schafft, erhält von ihr zur Pensionierung, die blaue Vase samt Verzierung in anonymem Schenkpapier. - (So langsam, denk’ ich, ahnen wir, wohin Gedicht und Dinge treiben!? Doch will ich’s noch zu Ende schreiben:) Die Wilma wohnt mit Männe Klaus, in Olga Kunzes Nebenhaus, die Frauen kennen sich vom Sehen. Im Ruhestand, man kann’s verstehen, plant Wilma Kraft vom Rentengeld jetzt eine Reise um die Welt - doch fehlt, dass ihre Blumen sprießen, noch eine Frau zum Blumengießen ... (Nun ratet mal, an wen sie denkt? Genau, an Olga!) - Eben lenkt Frau Kraft ins Nachbarhaus die Schritte. Als Unterstreichung ihrer Bitte, trägt sie ein Päckchen in der Hand mit Schenkpapier und gold’nem Band ... Was wird sich da wohl drin befinden? Frau Kunze lässt sich überwinden und sagt das Blumengießen zu. Danach - wir nähern uns dem Clou! - seh’n wir Frau Kraft als Dankeszeichen, im Geh’n das Päckchen überreichen, wobei sie das Gesicht verzieht und dann - noch vor dem Öffnen - flieht. Der Ahnungslose könnte wähnen, sie fürchte Olgas Freudentränen, doch weit gefehlt, denn Olga sieht, als sie jetzt an den Bändern zieht, des Päckchens Inhalt: Von der Base die himmelblaue Schnörkelvase! - So kommt, weil ich hier enden muss, die Vasenreise jetzt zum Schluss. Doch naht mit Sicherheit die Stunde zum Start für eine zweite Runde in Sachen Weiterschenkerei ... - Vielleicht seid diesmal ihr dabei!? Manfred Günther