Kinder in die Krippe 2 (Leserbriefe zu einer brisanten Frage) Das Thema „Krippe“ hat vor Wochen wohl ganz besonders angesprochen. Viel stärker als das sonst der Fall, gab’s Reaktion. Von überall bekam ich E-mails, Briefe, Karten … So wird die Leserschaft erwarten, dass hier erscheint in Reim und Vers, was - zugegeben kontrovers - von vielen Lesern aufgenommen. Jedoch, bevor wir dazu kommen, sei eines deutlich noch gesagt: Nicht dass ihr etwa Sorge tragt, ich könnte heute offenbaren, wer denn die Briefverfasser waren - sie und die Orte sind geheim. Ich wähle solche, die im Reim sich richtig, gut und passend machen. (Wie „machen“ etwa reimt auf „lachen“!) - Soviel zuvor. Zum ersten Brief: Aus Homberg/Efze schreibt Herr Stief: Er müsse heftig protestieren und mich insofern korrigieren, als Kinder heute - oft sogar! - so wie es auch bei seinen war, schon ab Geburt beim Vater wären. Er könne selbst zwar nicht gebären, doch füttre er von Anfang an und wickle auch - und das als Mann! - So ähnlich mailt Frau Braun aus Gießen: Es müsse Omas sehr verdrießen, sofern sie für der Tochter Kind die Hauptbezugspersonen sind (und das in Hunderttausend Fällen, in denen Omas Mütter stellen!) und wenn das dann so gar nicht zählt. Mein Satz wär’ neulich schlecht gewählt: „Genau so wie die Milch zur Butter, gehört ein Kind zu seiner Mutter“, da stimme nur der erste Teil, der zweite treffe wie ein Pfeil ins Herz von Omas und auch Tanten und mancher andren Anverwandten und wer noch sonst an Mutter statt schon Kinder aufgezogen hat. Sie zu vergessen sei nicht richtig! - An dieser Stelle scheint es wichtig, dass kurz der Autor etwas sagt: Ich gebe zu, was hier beklagt, war eine Schwäche meiner Dichtung. Doch stimmt auf jeden Fall die Richtung: Es geht ganz klar um die Funktion der „einzigen Bezugsperson” für Kinder, grade wenn sie kleiner. Ob Oma, Vater, stets nur einer kann von Natur, so lang es klein, die Hauptperson für Babys sein, so weiß es es heut’ der Pädagoge, genau so wie der Psychologe. Doch zweckhaft bleibt hier lieber dumm Frau Leyens Ministerium, denn mit Vernunft und mit Besinnen, sind keine Wahlen zu gewinnen! Da macht sich besser solch ein Satz: „Für jedes Kind ein Krippenplatz!” und hilft die Wählergunst zu trimmen. - Doch gab’s auch andre Leserstimmen: Aus Bürstadt, Hessen, schreibt Herr H. gleich dreimal „Bravo” und ein Ja zu meiner Sicht in Sachen „Krippe”. Für F. aus G. steht auf der Kippe, ob wohl in Kürze der Verstand und Fantasie in unserm Land nicht durch die Krippen sehr veröden. Konkret: Ob Deutsche nicht verblöden, wenn Kinder, weil’s dem Staat gefällt, schon - kaum geboren - kaltgestellt, ganz ohne Chance zur Entfaltung. Er meint, die bloße Arterhaltung wär’ sicher nicht des Nachwuchs’ Sinn! - Noch eins, bevor ich fertig bin, ein Witzbold hat mir auch geschrieben: Er spricht vom „Herrn, den Christen lieben“, von „Jesus“ also, „der doch auch, kaum war er aus der Mutter Bauch, schon einen Krippenplatz bekommen! Hat er wohl Schaden dran genommen?“ - Zwar ist mir klar, es war ein Spaß, doch sag’ ich jetzt dem Witzbold das: Zwar schreiben die Evangelisten, dass der noch kleine Herr der Christen an seinem ersten Erdentag schon gleich in einer Krippe lag. Doch war die erstens für das Futter und zweitens, nie war seine Mutter auch nur für einen Augenblick fern ihrem Kind und ihr Geschick war auch in spät’ren Kindheitsstunden ganz eng mit ihrem Sohn verbunden, dass ihm kein Schaden widerfuhr. - Ich bin am Schluss, noch eines nur: Ob’s die Politiker kapieren, dass wir durch Krippen nur verlieren? Ich glaub’ es, bin ich ehrlich, nicht. Was ist denn schon so ein Gedicht, als Abwehr von Parteiint’ressen. Ein Hoffnungsschimmer unterdessen kann hier die Mutter selbst nur sein: Lässt sie ihr Kind zu früh allein? Bemüht sie sich, ihm für das Leben, die besten Chancen mitzugeben, auf dass es Glück und Sinn erreicht? Viel Kraft dazu! Es ist nicht leicht! Ach ja (ich sag’s nicht zu gefallen!), Viel Kraft auch noch den andern allen, die so wie Mütter für ein Kind in der Erziehung tätig sind! Manfred Günther Nur wenig übertrieben! - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 69