Kinder in die Krippe? (Ein Plädoyer für eine Vernunft „aus dem Bauch“) Schon ziemlich lang, vielleicht zu lange, ist diese Diskussion im Gange: Ob denn ein Kinderkrippenplatz in der modernen Zeit Ersatz für Vater oder Mutter wäre? In oft gespannter Atmosphäre geht im politischen Verkehr die Meinungsmache hin und her. Da gibt es diese und auch jene in der gesellschaftlichen Szene: Die Industrie, soviel ist klar, meint: „Krippen sind ganz wunderbar!“ Besonders weil die Finanzierung (wie von Parteien und Regierung ganz wirtschaftsfreundlich angedacht), der Staat mit Steuermitteln macht! Dahinter steckt der starke Wille zum Kind, anstatt Kondom und Pille und dass die Mutter trotzdem schafft und ihre ganze Arbeitskraft nicht mit der Aufzucht schon verschwendet, vielmehr die Zeit für das verwendet, was fördert: Wirtschaft und Konsum und das private Eigentum. Und Eltern wollen auch mitnichten auf eig’nen Nachwuchs ganz verzichten: Wer ist im Alter gern allein? Hier springen Kinderkrippen ein! Doch gibt’s im Volk auch Argumente, ganz andrer Art: “Wer soll die Rente denn in der Zukunft finanzier’n? Und wenn die Zähne wir verlier’n, wer kommt uns auf für die Prothesen? Und kann ich nicht mehr richtig lesen, bleibt dann mein Auge unbebrillt?” - Jedoch, jetzt rundet sich das Bild, gibt’s hier wie stets die andre Seite: „Was nützt uns, ist der Staat dann pleite, ein großes Krippenangebot? Da gäb’s wahrhaftig größ’re Not an Schulen, Universitäten ... Auch die Hartz IV-Empfänger bäten schon lang um mehr - und das mit Recht!, denn ohne Kohle lebt sich’s schlecht.“ - Bis hierher ging’s um Zweck und Mittel: Der Krippenplatz als Haushaltstitel und wer dafür die Kosten trägt. Doch wer die Sache ethisch wägt, erkennt, hier ist noch andres wichtig: Die Frage nämlich, ist es richtig, ganz abgesehen mal vom Geld, ein Kind, kaum ist es auf der Welt, noch unvertraut mit diesem Leben, in fremde Obhut abzugeben, wo keiner, strengt er sich auch an, ihm eine Mutter werden kann? Die nämlich ist, wer will’s bestreiten, gemacht, ihr Kind auch zu begleiten und nicht allein im ersten Jahr! Längst ist’s auch psychologisch klar: Die Mutter, die es ausgetragen, soll ihrem Kind sich nicht versagen, bevor die Zeit gekommen ist. Drei Jahre sind die rechte Frist, davor so wie die Milch zur Butter, gehört ein Kind zu seiner Mutter - die ganze Zeit und überall. (Gewiss, ganz selten gibt’s den Fall, dass Mütter nicht in Frage kommen. Wird dann das Kleine weggenommen, geschieht’s zu dieses Kindes Wohl!) Es bleibt der Mütter Monopol für ihre Kleinen selbst zu sorgen. Was gestern galt, das gilt auch Morgen und wird nicht vom Bedarf bestimmt. Die allzu frühe Krippe nimmt den Kindern manches an Erfahrung von Urvertrauen und Bewahrung und seiner Mutter manches Glück! Wie meist, gibt’s später kein Zurück, denn was vorbei, das ist vergangen. - Mein Rat ist, heute anzufangen mit neuem Denken - aus dem Bauch!, zum Wohl des Kinds, der Mutter auch, dass die nicht - hin und her gerissen durch Wünsche, Skrupel und Gewissen - am Ende doch zur Krippe geht, vielmehr den inn’ren Kampf besteht und sich (auch dass sie selbst nicht leidet!) bewusst für’s Wohl des Kinds entscheidet, wofür - ich glaub’ es unbeirrt! - dies Kind ihr einmal danken wird! - Noch rasch zum Staat, dann schweig’ ich endlich: Es ist wohl mehr als selbstverständlich, dass er, wer keine Krippe nützt, mit Geld genau so unterstützt und möglich macht, zu Haus’ zu bleiben. - Noch eins, dann hör’ ich auf zu schreiben: Was mich seit langem schon bewegt und immer wieder arg erregt, sind die politischen Int’ressen, mit denen sie die Sache messen in Bonn, in München und Berlin und was sie dann an Lehren zieh’n, was gut, was schlecht für unsre Kleinen. Wobei doch meistens, was sie „meinen“, nur an der Wirtschaft orientiert. Ich denke, dass ein Land verliert, in dem, statt unserm „Bauch“ zu trauen, wir flächendeckend Krippen bauen, dem Kind angeblich zum Gewinn. - Sie irren, Frau Ministerin! Manfred Günther Nur wenig übertrieben! - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 67