Sünden in der Ehe - Teil 2 Wie man doch beisammen bleiben kann! Wir sprachen über Ehesünden, die oft den kleinen Riss begründen, an dem vielleicht - sofort noch nicht, doch irgendwann - der Bund zerbricht, den zwei „für ewig“ einst geschlossen. So geh’n wir heute unverdrossen, daran, nach Lösungen zu schau’n, wie es den Männern und den Frau’n, die arg sich aneinander reiben gelingt, im Ehestand zu bleiben, auch wenn das manchmal schwierig ist. - Die „Lösung eins“: Der Optimist im Blick auf alle Ehefragen wird hier das Wort „Erziehung“ sagen und meint damit, dass Frau und Mann, sich mit der Zeit auch ändern kann, es hinge d’ran, es zu versuchen. Schon bald wär’ Fortschritt zu verbuchen und ist er erst auch noch so klein, der „stete Tropfen höhlt den Stein!“ Was liegt ihr hiermit doch daneben! Ich will ein (wahres!) Beispiel geben von einem, der’s damit probiert, dass er die Ehefrau dressiert, auf dass sie ordentlicher werde: Nach Wochen heftiger Beschwerde (sie ließ die Schuhe immer steh’n dort wo die andern Menschen geh’n, in Raumes Mitte und vor Türen!), nach manchem Zank und Bess’rungsschwüren, die allesamt nicht viel gebracht, hat er dann folgendes gemacht - und dachte dabei „pädagogisch“ (- nur gar nicht weiblich und nicht logisch): Mit Filzpantoffel und mit Schuh stellt’ abends er die Türen zu und Stiefel sperrten nachts die Diele, damit nun sie auch einmal fiele, wenn nächtens sich ein Rühren regt und Frauchen sich zum Klo bewegt ... Doch was geschah? Trotz Sinnestrübung im Halbschlaf war sie doch in Übung, hob sicher hier und dort den Fuß, dass nicht das Hemmnis eines Schuhs ihr den Toilettengang verwehrte. Und auch den Weg zurück beschwerte kein Hindernis - trotz wenig Licht im dunklen Flur und schlechter Sicht. Wie anders sollt’ es ihm ergehen: Als er am Morgen aufzustehen sich ziemlich schläfrig noch entschloss, ward er zum menschlichen Geschoss schon in der Tür, ganz unerwartet von Filzpantoffeln durchgestartet, so dass er ohne Halt und Ziel vier Meter in die Diele fiel. So endet’s, will man sich erziehen! - Wir sind zur „Lösung zwei“ gediehen, sie hat mit „Laissez faire“* zu tun: Wohin das führt, das soll uns nun das Beispiel einer Ehe lehren, in der sich beide nichts verwehren, vielmehr, was sonst die Nerven raubt, ist hier geduldet und erlaubt. So darf der Mann beim Essen schmatzen und dort, wo’s wenig schicklich, kratzen! Indessen sie Klamotten trägt, die Schlampen selbst das Wort verschlägt. Er wiederum bohrt in der Nase, entleert im Stehen seine Blase, hingegen seine Frau vermehrt allein in Wirtschaften verkehrt, um dort mit „Freundinnen“ zu sprechen. Man ahnt’s, die Ehe wird zerbrechen, weil bald - und das geht schnell und leicht! - das Maß, an dem sie platzt, erreicht und grade so ist’s hier geschehen. Lasst nach der „Lösung drei“ uns sehen, denn diese scheint verheißungsvoll: Ist nicht der Partner, wie er soll, dann ist als nächstes stets zu fragen, ob denn, was wir bei ihm beklagen, bei uns sich nicht ganz ähnlich zeigt? Wir sind als Menschen leicht geneigt, die Fehler andrer groß zu nennen und die, die wir bei uns erkennen, nur klein und „liebenswert“ sogar. Doch, wenn wir ehrlich sind, ist klar, wir haben uns nichts vorzuhalten: Er hat die Runzeln, sie die Falten und wo sie schlampig ist, ist er zu schweigsam im Gesprächsverkehr, derweil das Wort auf ihrer Seite notorisch neigt zur Überbreite, selbst wo es um Lapalien geht. Ich denke, dass man es versteht, wenn ich als Lösung der Probleme jetzt mir und euch zum Vorbild nehme, wovon der Richter bei Gericht als dem „Vergleich zur Güte“ spricht: So ist demnächst im Eheleben, Int’ressensausgleich anzustreben, bei Tisch, im Bad und anderswo ... und das geht in der Praxis so: Der Mann lässt ab sofort das Schmatzen sowie das - wo’s nicht schicklich - Kratzen, dafür hilft abends - von allein! - sie in Pantoffel ihm hinein. Auch wird die Ehe künftig klappen, räumt aus dem Weg sie ihre Schlappen, weil er, wenn sie sich fleißig bückt, die Zahncremetuben hinten drückt, was zweifellos zu beider Besten. - Was ist? Ich lade ein zu testen, ob der Vergleich nicht Frau und Mann als Eheleute retten kann! Und wenn, dann seid ihr sehr gebeten, als „Missionare“ aufzutreten, damit ihr andre auch bekehrt! Die Ehe ist die Mühe wert! Manfred Günther * „Laissez faire“ = „alles machen lassen“, gescheitertes Prinzip der Kinderläden Nur wenig übertrieben! - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 54