Bitte setzen! Geneigte Leser, liebe Leute! Es wird ein wenig heikel heute. Zwar zeigt’s die Überschrift noch nicht, doch lehrt heut’ Anstand mein Gedicht, wobei ich - sicher nicht alleine! - doch ganz besonders Männer meine, was ihre „Bauart“ mitbedingt. Ich hoffe sehr, dass es gelingt, den Umgang mit gewissen Dingen den Männern endlich nah’ zu bringen, und dass auch in Erinn’rung bleibt, was mein Gedicht am Ende schreibt. Schon geht es los: Hanspeter Geier mit seiner Braut, Annkatrin Meier, betreten pünktlich gegen Acht - damit man guten Eindruck macht! - des Pfarrers Haus in Niederbrechen. Die Trauung gründlich durchzusprechen ist des Besuches tiefer Sinn. (Wozu geht jemand sonst dorthin, sofern es irgend zu vermeiden???) Jetzt also sitzen unsre beiden dem Pfarrer gegenüber, still, weil der sie doch belehren will in Treue- und in Trauungsfragen, von Liebe und vom Lasten-Tragen und wie ein Christ die Ehe führt ... Nach einer Stunde etwa spürt Hanspeter starkes Blasendrücken! Zu konzentrieren will nicht glücken, weshalb er sich zu melden wagt und leise nach dem „Örtchen“ fragt. Der Pfarrer ist - oh welch ein Segen! - um klare Auskunft nicht verlegen: „Hier aus der Tür, am Bad vorbei, nach unten dann der Stufen drei, dann geht es links, dann rechts nach oben und dann die vierte Türe droben. Dort sind sie gleich an rechter Stätte in meines Hauses Gast-Toilette!“ Hanspeter sucht zwei Viertelstunden, dann ist das Örtchen auch gefunden. Es ist - man denkt sich’s - höchste Zeit! dass er sich jetzt vom Druck befreit ... Das tut er, wie er’s kennt: im Stehen! Doch dann, er will schon wieder gehen, bemerkt er hinten an der Wand ein Bild, das ihm noch unbekannt: Ein Mann, dass er sein Drängen stille, sitzt dort ergeben auf der Brille, darunter steht der kleine Satz: „Hier nehmen auch die Männer Platz!“ Nun möcht’ es auch Hanspeter wissen: Ist denn die Brille hier ein Kissen, auf dem man gern, auch wenn es eilt, ein Weilchen wenigstens verweilt? Schon setzt er sich, wie es befohlen ... rückt sich zurecht und prüft verstohlen die Unterlage mit der Hand und mit dem Po von Rand zu Rand. Doch hat die Prüfung als Ergebnis: Die Brille hier ist kein Erlebnis, vielmehr sehr hart und stinknormal und drauf zu sitzen eine Qual! - Um dies Gedicht zum Schluss zu bringen, lasst uns ein Stündchen überspringen: Man sieht Hanspeter, Annkatrin erleichtert jetzt nach Hause zieh’n, sind voll Erwartung und Erbauung: Sie wissen alles für die Trauung und wie die Ehe auch gelingt und christlich wird und Segen bringt. (Auch lernten sie den Pfarrer kennen und können ihn beim Namen nennen!) Nur eines weiß Hanspeter nicht, doch fasst er sich ein Herz und spricht zu seiner Annkatrin jetzt offen: Für ihre Zukunft möcht’ er hoffen, dass keiner je Erwartung weckt, die dann die Wirklichkeit nicht deckt, denn dies genau hätt’ er erfahren, als sie vorhin beim Pfarrer waren: „Die Brille dort war knochenhart und nicht - wie angepriesen - zart und so, dass drauf mal Platz zu nehmen sich auch die Männer gern bequemen, und obendrein, es war kein Spass, die Brille war noch ziemlich nass!“ - Ein Satz an dem die Leser sehen, nicht jeder-mann kann gleich verstehen, wenn „Bitte setzen!“ - gut gemeint - an der Toilette Wand erscheint. Drum hier mein Vorschlag zum Gestalten von Sprüchen, Männer anzuhalten zu Anstand, Sauberkeit und auch dem durchweg sitzenden Gebrauch: „Es macht dich erst zum feinen Pinkel, wenn du dich hinhockst wie ein Hinkel! Und dieses gleich und nicht allein beim Großen, sondern auch bei Klein!“ Manfred Günther Nur wenig übertrieben! - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 34