Rentner seit 20 Jahren Aus Mücke, Gottlieb Friedrich Jente *, bezieht seit 20 Jahren Rente ... Doch heut’ berichte mal nicht ich: Herr Jente selbst erinnert sich: Wie war das schön in all den Jahren, als wir noch jung und rüstig waren: Die Käthe (das ist meine Frau!) zu Hause, ich beim Straßenbau ... Kaum war’n die Augen aufgeschlagen, war schon das Frühstück aufgetragen: Der Kaffee dampfte und sein Duft, erfüllte Nase und die Luft und Käthe ohne Zeitverlieren begann für mich das Brot zu schmieren; ein Apfel wurde eingesackt und (viergeteilt!) dazu gepackt. Ihr spürt: Wenn so der Tag begonnen, dann war er auch schon halb gewonnen! Am Abend nach der Arbeit dann fing unser Leben richtig an: Denn nie vergaß die Frau beizeiten, ein gutes Essen zu bereiten, dazu ein Gläschen kühles Bier. Dabei - wie schön! - besprachen wir den Tag und ihr und mein Ergehen, das Dorf- sowie das Weltgeschehen, auch was uns freut und was uns quält hat eins dem anderen erzählt. Erwähnenswert ist noch der Garten: Dort wuchsen Pflanzen aller Arten. Doch ließ ich Käthe freie Hand, weil ich von Pflanzen nichts verstand. (Wer Mais von Lauch nicht unterscheidet, tut gut, wenn er den Garten meidet!) - So hat mein Käthchen manches Jahr, solang' ich an der Arbeit war, im Sommer zum Sofort-Verzehren manch Obst gereicht und viele Beeren. Im Herbst gab’s Gürkchen für das Glas auch Birnen, Äpfel ... sonst noch was. Im Winter wurde „Kohl von Rosen“ in luftdicht abgeschloss’nen Dosen sowie im Fass das Sauerkraut in unserm Keller angebaut, und stets zur Freude für den Gaumen! Weiß Gott, sie hat den „grünen Daumen“! - So also lief es jahrelang. Der Lebenslauf nahm seinen Gang. Dann endlich nach der Jahreswende in ’84 war’s zu Ende: Ich trat ins Rentenalter ein und dachte mir, wie wird das fein, wenn morgens gegen sechs Uhr dreißig mein Käthchen wird für’s Frühstück fleißig, und wenn sie ruft, dann bleib’ ich stumm, dreh’ mich im Bett noch mal herum, um langsam mich nach angenehmen Minuten schließlich zu bequemen ... Was lag ich damit so verkehrt! Die Frau schlief selbst noch unbeschwert! Kein Wecker half und keine Mahnung. Zwar fehlte mir die kleinste Ahnung vom Frühstückmachen nebst Kaffee (der erste war so dünn wie Tee), doch ging ich dran von Not gedrungen und Käthes Haushaltsstreik gezwungen. Um Zwölfe dann war’s ebenso: Mein Käthchen sagte kurz nur „Oh, so spät schon, Zeit für’s Mittagessen, das hab’ ich heut’ doch glatt vergessen!“ Dann wandte sie sich ganz in Ruh’ erneut der „Frau im Spiegel“ zu. Was also sollte ich denn machen, als flugs den Gasherd zu entfachen, den Topf mit Wasser drauf zu tun und da hinein ein halbes Huhn ... - Ihr fragt, wann sich dies Blatt gewendet? Es hat bis heute nicht geendet, vielmehr, was erst mich sehr betrübt, ist heute bestens eingeübt: Wir tun die Dinge stets gemeinsam! Die andern Rentner sitzen einsam vor ihrem Haus auf ihrer Bank ... Ich aber schulde Käthe Dank: Sie hat aus mir durch konsequente Teilung der Arbeit seit der Rente, gemacht, wodurch ich glücklich bin: Ich hab’ zu tun und finde Sinn im Haushalt (selbst beim Rübenschaben!), erfreue mich der 1000 Gaben, die auch das Alter uns noch schenkt. Und euch, ihr Leser, rat’ ich, denkt an eure Rente schon beizeiten! Lasst euch von meiner Käthe leiten und seid auch dann noch bei der Hand! So wird er lang - der Ruhestand! Manfred Günther (Verfasst nach dem Bericht eines Lesers.) * Der Name wurde auf Wunsch geändert! Der Ort ist authentisch. Nur wenig übertrieben! - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 32