Die Geschichte vom toten Esel (Teil 2) Heut’ kommt die Antwort auf die Frage, die euch beschäftigt - sieben Tage: Was fängt wohl unser junger Mann, der Heiner, mit dem Esel an? Denn dieses Tier, für Geld erworben, war kurz zuvor am Schlag gestorben, mit andern Worten: war schon kalt. Wer, bitte, wenn nicht durchgeknallt, erwirbt sich eine Eselsleiche? - Hier, als den ersten seiner Streiche (die Heiner bald berühmt gemacht!), hat er sich diesen ausgedacht: „Die Sache ist zwar dumm gelaufen, ich kann den Leichnam nicht verkaufen, jedoch verlosen kann ich ihn! Es gibt so viele Lotterien, warum nicht auch für Eselsleichen?“ Den „Hessenbauer“ zu erreichen, geht Heiner nun ans Telefon: „Ein Inserat ... Sie wissen schon ... so 10 mal 13 Zentimeter ... ein schöner Esel namens ‘Peter’ ... nein, kein Verkauf ... per Lotterie! ... ein Euro nur. - Was meinen Sie, das gab’s noch nie im Hessenbauer? ... Die Farbe noch? Halt so ein grauer, wie wohl die meisten Esel sind ... Schon nächsten Freitag, so geschwind? ... in 70.000 Exemplaren?! ... ja, bitte, Bankeinzugsverfahren ... mein Onkel Karl ... ja, Sparda-Bank! ... und schönen Tag noch, vielen Dank!“ Ab Freitag drauf war dann zu sehen, wie gut auch die Kadaver gehen, wenn keiner ahnt, dass sie schon tot: Auf das Verlosungsangebot bewarben sich, was Heiner freute, in kurzer Zeit 5.000 Leute - soviel ging auch in Euro ein! Jedoch, um ganz genau zu sein, als Kosten waren abzuziehen: Das Geld, von Onkel Karl geliehen, für Esel, Werbung rings im Land, der Lose Druck und Postversand. So blieb dem Heiner ganz am Ende als der Verlosung Dividende 4.000 Euro an Gewinn! - Jetzt fragen Leser, Leserin gewiss, wer denn den Preis bekommen? Hat wer die Leiche angenommen, die sicherlich doch lang schon roch!? - Den Esel gab’s nicht mehr. Jedoch hat Heiner, die Aktion zu krönen, und den Gewinner zu versöhnen, fünf Euro ihm zurückgereicht und mittels Brief das Herz erweicht: „Der Esel hätte seinen Frieden, sei eben sanft am Schlag verschieden und jetzt im Eselsparadies. Der ‘Peter’, wie der Esel hieß, wär’ abgedeckt, der Rest begraben und nur als Seife noch zu haben. Drum lege er dem Brief noch bei, was Gegenwert der Seife sei!“ - Ihr wollt jetzt gern, dass ich berichte, den weit’ren Fortgang der Geschichte? Der ist erzählt in kurzer Zeit. Schon wenig später war’s soweit: Nach weit’ren ähnlichen Aktionen in Deutschlands ländlichen Regionen, trat Heiner ein in die Partei. (In welche? Das ist einerlei!) Dort macht er - als ein Mann von Ehre - recht schnell und steil Politkarriere, gilt in Berlin - wenn das nichts ist! - als „Toter-Esel-Spezialist“, denn diese unters Volk zu bringen, zählt heute zu den größten Dingen, ja, ist die Königsdisziplin - in Brüssel, Straßburg und Berlin. Manfred Günther (Der Autor verabschiedet sich von den LeserInnen der AAZ für drei bis vier reimlose Urlaubswochen!) Nur wenig übertrieben! - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 30