Ein Rätsel um ein „Etwas“ Ein „Etwas“ klärend zu erhellen, möcht’ ich euch heut’ ein Rätsel stellen. Doch dass der Leser Freude hat, hol’ er zunächst ein weißes Blatt und decke unten rechts einstweilen, der Verse letzten beiden Zeilen ... (So kann er besser widersteh’n, schon nach der Lösung hinzuseh’n! Dem „Etwas“ nämlich, möcht’ ich bitten, sollt ihr in kleinen Zwischenschritten euch langsam und allmählich nah’n! Sonst wär’ ja gleich der Spaß vertan!) Nun liebe Leser, Leserinnen, ist’s Zeit, das Rätsel zu beginnen: Das „Etwas“ ist kein Ding, kein Ort, nicht Tier, nicht Pflanze, nur ein Wort, das leider oft in diesen Tagen nicht innen - nur im Mund getragen: Es ziert zwar kurz den Redeschwall, doch ist ansonsten Rauch und Schall. Um hier den nächsten Tipp zu geben: Es gibt in jedem Menschenleben Stationen, vom Geschick markiert, die sind dem „Etwas“ reserviert. Als ein Exempel möcht’ ich nennen, Stationen, wie sie alle kennen: Geburten, Tauf- und Hochzeitstag, auch wenn ein Mensch darniederlag und ist vom Krankenstand genesen. Ist einer unterwegs gewesen für Wochen oder jahrelang, dann ist des „Etwas’“ voller Klang gesunder Rückkunft angemessen. Hat wer die Dienstzeit abgesessen und geht - vielleicht mit 60 schon - in Rente oder in Pension, dann hat er mancherlei an Gründen zu Worten, die vom „Etwas“ künden. Und ist nach Renteneintritt dann im Ruhestand der Frau, dem Mann noch manches gute Jahr beschieden, bescheid’nes Glück, Gesundheit, Frieden, doch blieb’ ihr Herz vom „Etwas“ leer - dann hülfe ihnen gar nichts mehr! Der dritte Hinweis, den ich mache, sieht andersrum die selbe Sache, das heißt, wir wechseln jetzt die Sicht und werfen einmal helles Licht auf unsern Nächsten und sein Schaffen: Wo unsre Hände schnell erschlaffen, da wirkt er stetig voller Kraft. Wenn uns schon jede Leidenschaft für eine Sache längst entflogen, da bleibt der Mitmensch ihr gewogen, nennt Chancen groß und Zweifel klein und setzt sich optimistisch ein, wo wir doch lang nichts mehr erwarten. Auch hilft er uns auf viele Arten: Ist unser Freund, ist uns verwandt, vielleicht als Nachbar nur bekannt, geht mit ein Stück der Lebenswege als Pfarrer oder als Kollege, ist unser Arzt, ist Therapeut, der uns in schwerer Zeit betreut ... Und schließlich, dass er uns begleite, ist auch Gott selbst an unsrer Seite! Doch bleibt das „Etwas“ oft genug für lange Jahre im Verzug, wenn’s darum geht sich auszudrücken. - Wie wär’s, könnt’s denn nicht heute glücken, dass einmal wieder unser Mund vom „Etwas“ spricht - vernehmbar und ganz so, dass andre Menschen spüren, wie sehr sie unser Herz berühren? - Habt ihr mein Rätsel schon gelöst? - Wenn nicht, tut’s Not, dass ihr entblößt des Sinngedichtes letzte Zeilen! Wir woll’n beim Lesen nicht verweilen, denn auch die Taten brauchen Zeit: Das „Etwas“ ist die „Dankbarkeit“! Manfred Günther Nur wenig übertrieben! - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 28