Karl allein zu Haus Frau Müller war mit „Dickdarmsausen“ zur Wellness-Kur in Bad Salzhausen. Ihr Mann indessen blieb genau drei volle Wochen ohne Frau, was für den Karl, so heißt der Gatte, sehr viel von Abenteuer hatte, das - kaum allein - auch schon begann ... Zuvor, damit man folgen kann, fünf Sätzchen noch zu Karls Beschreibung: Er ist - ganz ohne Übertreibung - ein Mann, den jede Frau begehrt! Bezieht schon Rente, wirkt am Herd, beim Bügeln, wechselt die Gardine, wischt Staub, beschickt die Waschmaschine und kennt sich selbst mit Toastern aus! Mit einem Wort: In Müllers Haus kann er wie sie den Haushalt führen. Ist seine Frau zum Maniküren, dann backt ihr Karl ein frisches Brot und macht sie sich die Lippen rot, dann sieht man ihn beim Wäschelegen. So ist der Karl ein rechter Segen mit seiner häuslichen Natur ... zumindest war er’s - vor der Kur! Doch schon am Anfang dieser Wochen ließ Karl, als wär’ ein Bann gebrochen, sich selbst und auch den Haushalt geh’n! Was wohl nur Männer ganz versteh’n, war plötzlich über ihn gekommen: Von neuer Freiheit ganz benommen, verlor er sämtliche Manieren, beschloss, sich nicht mehr zu rasieren, vergaß auch alle Ordnungsliebe und ward zum Spielball dumpfer Triebe: Er schlief bis nachmittags um drei, sah RTL noch nachts um zwei und putzte Zähne nicht noch Schuhe, aß nur noch aus der Tiefkühltruhe und kaufte frisch sich nichts mehr ein. Die Couch sah aus, wie wenn ein Schwein zwei-, dreimal drin geferkelt hätte. Der Tisch glich einer Gräberstätte aus Gräten, Schuppen, Knochen, Haut ... Der Store am Fenster war ergraut, weil Karl wie ein Pennäler paffte! Dahin war alles Musterhafte: Zum Kerl war Karl nun reduziert, im Unterhemd und unfrisiert. Die Nägel schwärzlich von Verschmutzung, die Achseln ohne Deo-Nutzung, das Kinn behaart, der Schädel kahl: ein Mannsbild aus Neandertal. Einst mühsam von der Frau erzogen, doch jetzt von „Freiheit“ ganz verbogen in kurzer Frist - und alles nur infolge einer Wellness-Kur. - Dann war’n herum die freien Tage: Sie kam zurück! Doch keiner frage danach, was da ihr Auge sah: War’s Horror aus Fantasia? Ein Szenenbild aus bösen Träumen? Das Chaos pur in allen Räumen und mittendrin erschreckend, fremd ein Mann (ihr Karl?) im Unterhemd. - Was lehrt uns das? Was will es sagen? Ganz einfach dies: Man sollte fragen, wenn eine Frau den Gatten lobt: Ob in der Praxis schon erprobt, die ausgestellten Referenzen? Ist sie zu Haus’, kann jeder glänzen! Der Ernstfall aber, das steht fest, ist, wenn sie ihn alleine lässt! Zur Kur ist eine schnell gefahren. Das Ende erst wird offenbaren, ob Männe ist vom rechten Schlag. - Drum lobt ihn erst am Rückkunftstag! Manfred Günther Nur wenig übertrieben! - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 22