Handy auf dem Land (Teil 1) Wer „Handy“ hört in dieser Zeit, denkt erst wohl an „Bequemlichkeit“, als zweites dann an „guten Ton“ und drittens: „Kommunikation“ ... Dem Bauern M. aus Schlechtenwegen (am Rand des Vogelsbergs gelegen) lag dieses alles wohl im Sinn. So ging er jüngst zum Laden hin, den fortschrittliche Menschen kennen (sofern sie sich „nicht blöde“ nennen) und die - was Städtern kaum bekannt - gibt’s lange auch schon auf dem Land. Kaum hat Herr M. den Markt betreten, nimmt ein Verkäufer ungebeten den neuen Kunden ins Visier, fragt ihn nicht lang, warum er hier, und wohin denn die Wünsche stehen (man scheint’s dem Bauern anzusehen!), ergreift vielmehr sogleich das Wort und zieht ihn zu den Handys fort. Von Technik-Kauderwelsch begleitet sind flugs 12 Handys ausgebreitet, in Rot, in Schwarz, mal groß, mal klein, das eine plump, das andre fein, zum Klappen wie ‘ne Puderdose, für’s Schulterhalfter, für die Hose, natürlich USB-gestützt und pin- und puk- und tan-geschützt. Mit „Display“ außen oder innen, mal von den „Japsen“, mal den Finnen, mit oder ohne Kamera und Tri-Band für Amerika ... Dem Bauern M. beginnt's zu grausen, Die technischen Begriffe sausen ihm unbegriffen durch den Kopf. Er fühlt sich wie der ärmste Tropf, mit eben solchen Geistesgaben. - So wollt' ihn der Verkäufer haben, denn schmunzelnd zeigt er jetzt ganz schnell, das furchtbar teure Topp-Modell: das Handy „Super-Com 07“. Rasch ist auch der Vertrag geschrieben und kommunikativ erstarkt entschreitet M. dem Medien-Markt. Und kaum zu Hause angekommen, wird „Super-Com“ zur Hand genommen: Es ist fürwahr ein tolles Ding, voll sprachgesteuert! Sagt man „Pling“, dann öffnet sich die Oberklappe mit einem „Plong“. Auch nicht von Pappe ist, was das kleine Wunder kann: Mit „Eins“ wirft man den Toaster an, bei „Zwei“ lässt sich's als Deo nutzen, bei „Drei“ beginnt das Zähneputzen. Die „Vier“ fährt die Antenne aus, die wird zum Fön dann mit Gebraus. Die „Fünf“ kann Haare ondulieren, die „Sechs“ dient Männern zum Rasieren, die „Acht“ ist Radio: HR3, bei „Neun“ ist FFH dabei. Der Bauer M. ist hell begeistert, wie gut er die Funktionen meistert! Er sagt hinab und dann hinauf die Zahlen immer wieder auf. Er fönt sich und er onduliert, er toastet Brötchen und rasiert, putzt Zähne schon zum fünften Mal, hört Popmusik vom Hit-Kanal, nur eins ist ungenutzt geblieben: Das Telefon auf Ziffer „Sieben“! Und wie Herr M. es jetzt probiert, erkennt er ziemlich konsterniert, der „Sieben“ will es nicht gelingen, ein Ferngespräch hervorzubringen, was M. nun doch gewaltig stört! Das ist nun wirklich unerhört und Grund den Handy-Mann zu fragen. - Was das Ergebnis seiner Klagen erfahrt ihr bald im zweiten Teil. Geduld! Und seid gegrüßt derweil! Manfred Günther Nur wenig übertrieben! - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 19