Aschermittwoch oder: Wozu Kräppel gut sind. Am Aschermittwoch, acht Uhr dreißig, ist Friedhelm K., aus G. schon fleißig: Er hat - ein Job, der ihm gefällt - den „Blitzerkasten“ aufgestellt, um heute, wie an allen Tagen, behördlich lizenziert zu „jagen“. Dafür dient Friedhelm Jahre schon ein Blitzer Marke „Rasotron“. Der Kasten steht ganz ohne Warnung, jedoch mit einem Busch als Tarnung, vor Lindenstruth, wo’s „60“ heißt. Hier ist die Jagd erfolgreich meist und Friedhelm macht stets fette Beute! Und ganz besonders - glaubt er - heute, wenn manchem noch von gestern wohl das Hirn getrübt vom Alkohol. Er selbst - im Wagen in der Nähe - hat so, dass er den Kasten sähe, gut eingestellt den Fahrersitz und wartet jetzt, dass Blitz um Blitz im volkserzieherischen Sinne der Rasotron sein Werk beginne ... Und wirklich, kaum Sekunden später erscheint der erste Tempotäter: Ein Ford, wie Friedhelms Stellenleiter ihn hat, löst aus und fährt dann weiter, gewinnt noch 20 Meter Land und kommt dann voll gebremst zum Stand. Es steigt Wer aus, man hört sein Fluchen, dann schweigt er, dreht den Kopf beim Suchen ... Jetzt hat er Friedhelms Platz erspäht: ein Steinwurf nur vom Blitzgerät. Schon naht er sich mit schweren Schritten - der Friedhelm zittert, tausend Bitten schickt er voll Angst zu Gott hinauf - dann steht der Kerl nach kurzem Lauf sehr groß und dicht vor seinem Wagen. Dem Friedhelm ist nach Herzversagen, denn vor ihm schnauft ganz ungestüm der Raser im King-Kong-Kostüm. Jetzt macht er nach der Art der Affen am Kühler vorne sich zu schaffen, erklimmt das Dach wie ein Podest - der Friedhelm fast die Hose nässt! Jetzt noch ein Sprung nach hintenüber, dann ist der Affentanz vorüber. Der Raser trollt sich straßenwärts; der Friedhelm greift sich bleich ans Herz und schließt die Augen für Minuten. Ein Reifenquietschen lässt vermuten, dass nun der ganze Spuk vorbei ... Des Friedhelms Brust wird wieder frei und seine Augen sind jetzt offen. Ein Blick bestätigt auch sein Hoffen: Der Kerl im Affenkleid ist fort, der Rasotron steht noch am Ort, denn Friedhelm sieht ihn fröhlich blitzen. Er räkelt sich jetzt in den Sitzen und fühlt sich irgendwie gelöst. - Noch gut drei Stunden wird gedöst, wobei im Schlaf bei Friedhelm innen, seltsame Träume sich entspinnen: Maskiert als Affe lächelt mild des Stellenleiters Ebenbild. - Um Zwölf - nach seligem Erwachen - geht Friedhelm dran, sich aufzumachen, dass er den Rasotron verstaut. Doch was ist das, er schaut und schaut schon sieht man Friedhelm jetzt erblassen, denn was er schaut ist nicht zu fassen: Da steckt im Blitzerobjektiv ein Faschings-Kräppel, etwas schief, so dass aus ihm die Marmelade als rote, klebrige Kaskade verschmiert das ganze Blitzgerät. Hier was zu retten, ist’s zu spät: Die Raserdaten vieler Stunden, sind ein für alle Mal entschwunden. Zwar hat geblitzt der Rasodron, doch ohne Bilderproduktion. Und Friedhelm K. beginnt’s zu schwanen (und auch die lieben Leser ahnen), wer ihm da heut’ mit arger List im Affenkleid erschienen ist! Manfred Günther Nur wenig übertrieben! - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 13