In der Warteschleife Oder: Nicht sprechen - singen! „Hier Klärchen Schmidt, recht guten Morgen! Mein Anschluss macht mir häufig Sorgen ...“ - „Hier spricht die Deutsche Telepom*, mein Name: Ich bin Tele-Tom, der Automat, der sie verbindet, den rechten Ansprechpartner findet, der Ihnen rasch und kompetent, die Antwort auf die Frage nennt, die Sie bewog, uns anzurufen. Um Ihren Anruf einzustufen, erheb’ ich Daten jetzt vorab, der Kosten halber kurz und knapp, in sprachgesteuerten Funktionen: Zunächst geht’s darum, wo sie wohnen. Sie nennen bitte jetzt den Ort, bei Doppelnamen Wort um Wort, von dem Sie augenblicklich sprechen? - „Ich bin aus Brechen ... Niederbrechen!“ - „Noch einmal bitte, wenn es geht, und langsam. Tele-Tom versteht nur, wenn Sie laut und deutlich sprechen! - „Ich - bin - aus Brechen ... Niederbrechen!“ - „Der Ort ist leider unbekannt! Hier ist Ihr Kosten-Zwischenstand: Für das Gespräch, dass wir hier führen, ergeben sich bis jetzt Gebühren von einem Euro, Cent null vier. Bei Ihrem Wohnort waren wir, ein Ort ‘Ich - bin’ ist nicht zu finden. Dann brauche ich, Sie zu verbinden, jetzt die genaue Postleitzahl. Ich bitte dazu jedesmal nach einer Ziffer kurz zu warten. Sind Sie bereit? Dann bitte starten!“ - „Ich glaube: sechs - fünf - sechs - eins - zwei, nein, hinten eins ... vielleicht auch drei?“ - „Mein Suchsystem beginnt zu suchen ... ein Treffer ist nicht zu verbuchen! Die Postleitzahl, die Sie genannt, wird angezeigt als ... unbekannt! Plan B hat hierfür vorgesehen, jetzt nach der Schwere vorzugehen, des Falles, der des Anrufs Grund ...“ - „Ich wiege hundertsiebzig Pfund!“ - „Ein solcher Grund ist nicht gelistet. Auch meine Sprechzeit ist befristet. Ich schlage daher dringend vor, Sie wechseln jetzt ins Haupt-Ressort. Doch darf ich, ehe wir uns trennen, den letzten Kostenstand noch nennen: Bis jetzt fällt für Gebühren an drei Euro fünfzig! - Also dann, ich schalte die Verbindung weiter!“ - - - „Hier Telepom, Heinz-Wilhelm Reiter!“ - „Hier spricht Frau Klärchen Schmidt, hallo! Ein echter Mensch! Da bin ich froh! Herr Tom, mit dem ich grad gesprochen, hat meinen Anruf abgebrochen. Warum, das weiß ich leider nicht, am Ende lag es am Gewicht ...?“ - „Wie, gute Frau, kann ich denn dienen?“ - „Ich dachte jetzt, ich nenne Ihnen, den Fehler, den mein Anschluss hat ...“ - „Sie rufen an aus welcher Stadt?“ - „Ich - bin - aus Brechen ... Niederbrechen!“ - „Ist’s möglich, dass Sie lauter sprechen?“ - „Brechen!, Nähe Limburg, Lahn!“ - „Sie haben nach Gebührenplan, als Kostenstand fünf Euro sieben! Doch halt, wo war’n wir steh’ngeblieben ... ach ja, bei Brechen, ihrem Ort ... Gibt’s Telepom-Filialen dort?“ - „Nein, nicht mal einen Kaufmannsladen!“ - „Dann gute Frau, kann’s wohl nicht schaden, wenn ich, die Kosten fest im Blick, Sie rückverbinde!“ - Es macht „Klick“! Frau Schmidt hört Wähl- und Wartezeichen, und landet wieder bei dem gleichen: „Hier spricht die Deutsche Telepom, mein Name: Ich bin Tele-Tom, der Automat, der sie verbindet, den rechten Ansprechpartner findet, der Ihnen rasch und kompetent ... die aktuellen Kosten nennt, mit andern Worten: die Gebühren des Ferngesprächs, das wir hier führen: Acht Euro, sechsundsiebzig Cent! Bei Neun wird das Gespräch getrennt, so bitte ich, es kurz zu machen.“ - Wir sind am Schluss: Mag sein, wir lachen, doch wer’s erlebt, der lacht nicht mehr. Ganz ähnlich geht es im Verkehr mit Hotlines** und mit Krankenkassen. Hier ist mein Rat: Man soll es lassen, mit Automaten spricht man nicht! Mein Tipp ist der: Man unterbricht den „Tele-Tom“ mit lautem Singen***! Das kann nach „La-li-lu-la“ klingen, vielleicht auch nach dem neu’sten Hit. Man singt - und man erreicht damit, dass „Tele-Toms“ den Dienst versagen! Sie wissen nicht mehr, was zu fragen und leiten uns in kurzer Frist (sofern die Leitung offen ist) zu einem, der wie früh’r gewöhnlich uns fragt und hilft und zwar persönlich, von Mensch zu Mensch. So spart man Zeit und schneller sind wir dann soweit, dass sie auch wirklich sich bequemen, sich unsrer Sache anzunehmen - nicht irgendwann, vielmehr schon bald! - Ihr glaubt nicht dran? Probiert es halt! Manfred Günther * Nicht zu verwechseln mit einem ähnlich klingenden Telekommunikations-Unternehmen! ** Hotlines - sprich: Hotleins = Telefonzentralen, angeblich zu Beratung und Hilfe *** Es funktioniert wirklich!!! Längs und quer zur Zeit - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 89