Ein „Tag der Löcher“ oder: Wie man Straßenschäden behebt Der Frost zählt zu den größten Feinden der Dörfer, Städte und Gemeinden. Wobei - wenn sich der Winter neigt - der Boden seine Spuren zeigt: Auf Straßen, Wegen und in Gassen hat der Asphalt sein Loch verlassen, das ihn wohl allzu sehr beengt. Die Kälte hat ihn weggesprengt, dann wurde er von tausend Wagen mit ihren Reifen abgetragen, geplättet, bis er als Atom verschwand im Abflusswasserstrom. Das Loch, das blieb, ist gut zu sehen und macht das Fahren und das Gehen zum Härtetest von hohem Rang! Und mancher fragt sich schon, wie lang wird wohl der Zustand so noch bleiben? Doch statt Beschwerdebriefe schreiben, in denen man sich nur beklagt, ist jetzt Gemeinschaftsgeist gefragt und dass wir selber im Benehmen mit den Kommunen uns bequemen! Das Motto heißt: „Her mit Asphalt für jedes Loch - und das schon bald!“ Doch weil der schwarze Stoff nicht billig, braucht’s Menschen auch, die spendenwillig und dazu wieder braucht’s als Muss Aktionen, um den Spendenfluss zum Wohl von Straßen, Gassen, Wegen in Bürgerherzen anzuregen. Die Fragen also sind gestellt: Was machen wir? Was bringt uns Geld, um reichlich Kalt-Asphalt zu kaufen, damit beim Fahren und beim Laufen uns weder Bein noch Achse bricht? - Hier kommt nun aus des Dichters Sicht ein Lösungsansatz der Probleme: Der Grundgedanke ist, man nehme die Löcher wie sie nunmal sind: Sehr zahlreich, tief. Doch schon ein Kind weiß auch: Ein Loch lädt ein zum Spielen! Beim Klickern, Billard, Golfen zielen Hand, Stock und Schläger auf ein Loch! Auch gibt’s die andre Seite noch, wenn’s heißt, die Löcher auszusparen, geschickt und sicher zu umfahren mit Bögen, die man Slalom nennt und von der Olympiade kennt. - (Jetzt hat der Leser wohl die Ahnung von Ziel und Richtung weit’rer Planung, denn wer gewitzt ist, denkt sich’s schon!) Ein Bürgerrat tritt in Aktion. (Die Ortskommunen sind gehalten sich tätig helfend zu entfalten, damit die Sache auch gelingt und Werbung in die Medien dringt, von Tagesschau bis Tageszeitung!) Dann geht es an die Vorbereitung (so vier, fünf Leute reichen aus!): Man geht im Ort von Haus zu Haus und gibt persönlich allen Kunde von Ziel und Zweck, Termin und Stunde des Tags, der Bürgersinn beweist und der ein „Tag der Löcher“ heißt. - Wir springen jetzt so ein, zwei Wochen: Der große Tag ist angebrochen! Die Löcherpiste ist soweit. Das Publikum steht aufgereiht, nach Stand und Alter gut gewichtet und hat das Eintrittsgeld entrichtet. - Am Morgen sind die Jungen dran - bis unter dreißig - Frau und Mann zum Slalom auf den Löcherstrecken. In jedem Schlagloch steckt ein Stecken, rund hundertachtzig insgesamt. Der Vorstand vom Gemeindeamt begrüßt die vielen tausend Leute, wünscht viel Erfolg und Freude heute, dann gibt er Zeichen für den Start. Die Slalomfahrt wird wild und hart, es krachen Achsen, platzen Reifen ... die Männer johlen, Frauen pfeifen ... es steigt der Lärm, die Stimmung gärt, bis endlich nur noch einer fährt: Er hat den Slalom klar gewonnen. - Vom Bürgerrat wird jetzt begonnen, was mehr den Älteren gefällt: Es wird auf Golfen umgestellt. Wo eben noch die Autos fuhren, beseitigt man die Reifenspuren und macht in zehn Minuten nur, den Slalomkurs zum Golfparcour, auf dem sich Ält’re jetzt in Mengen zum Wettbewerb der Golfer drängen. Das Regelwerk ist klar und knapp: Man zielt genau und schlägt dann ab, locht ein und zielt und schlägt dann wieder. So geht es einmal auf und nieder, von Loch zu Loch und Schlag um Schlag. Die Schlägezahl gibt den Betrag, den dann in Cent die Spieler zahlen. - Wenn abends dann die Sieger strahlen, die Kassen voll sind, bis zum Rand, kommt noch der Clou: Mit eig’ner Hand vom Bürgermeister unterschrieben, wird noch ein Dokument vertrieben und zwar die Schlaglochpatenschaft! Und wirklich, es ist sagenhaft, wie zahlreich jetzt die Menschen laufen, um einen Patenbrief zu kaufen, denn nur ein Loch winkt als Gewinn! Doch nah’ beim Loch darf immerhin am Bordstein noch ein Schildchen kleben: Hier kann der Pate Auskunft geben, was stets des Menschen Herz betört (in Goldschrift!), wem das Loch gehört. - Noch einmal deutlich ganz am Ende, der „Tag der Löcher“ schafft die Wende: Aus klammen Kassen wird Asphalt! (Ihr glaubt es nicht? Probiert es halt!) Manfred Günther Längs und quer zur Zeit - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 81