Es ist was faul im Staat!

Schon ziemlich lang bin ich der Meinung,
es wäre manche Zeiterscheinung
bedenklich, dumm und unbedacht,
weshalb sie Frust und Ärger macht.

Besonders in Berliner Kreisen
des Bundestags lässt sich’s beweisen:
Man sichtet kurz und denkt nicht lang
und bringt dann irgendwas in Gang,

das - weil es ohne Hirn gezimmert -
die Lage garantiert verschlimmert
und dem - weil Schwachsinn es beseelt -
dann jede gute Wirkung fehlt.

So manch Gesetz, das kaum geboren,
hat jeden Nutzen längst verloren
und bleibt doch jahrelang in Kraft.
Zerstörerisch ist, was es schafft,

doch eisern wird dran festgehalten!
Auch jene, die ein Amt verwalten,
sind oft nur dritte, vierte Wahl,
doch einmal oben sind (zumal

Minister!) kaum vom Amt zu trennen.
Sich sachlich, fachlich auszukennen,
spielt länger keine Rolle mehr.
Regierung sein, scheint kaum so schwer,

wie eine Döner-Bude führen.
Sachkompetenz ist nicht zu spüren.
Es reicht, du kleidest dich adrett,
passt aufs politische Parkett,

weißt, wo die Mikrofone stehen, 
kannst Schwarzes schnell in Weiß verdrehen,
nennst schnurgerade das, was schief
und wirkst im Fernseh’n positiv! -

Anstatt mich länger aufzuregen,
geh’ ich daran, auch zu belegen,
woran man sich nur ärgern kann
und führe jetzt Beweise an:

Die Budgetierung* zum Exempel
trägt „menschenfern und dumm“ im Stempel,
was freilich der nur recht ermisst,
der hiervon selbst betroffen ist. 

Doch lässt sich, auch wo wir’s nur streifen,
der Unsinn des „Budgets“ begreifen:
Wir denken uns, die Feuerwehr
bei einem Brand: Ein Flammenmeer

beginnt ein Wohnhaus zu verschlingen ...
Jetzt kommt’s drauf an, vor allen Dingen,
zu löschen, was die Spritze hält.
Doch nein, die Brandzentrale fällt

per Funk von ferne (!) die Entscheidung:
Beim Einsatz dürfe - in Vermeidung
zu hoher Kosten - jeder nur
(gemessen von der Wasseruhr!)

einhundertvierzehn Liter spritzen!
Verursacht einer „Wasserspitzen“,
missachtet also das „Budget“,
dann geht’s ans eig’ne Portmonnaie,

er muss die Kosten selber tragen! -
Genau so, ums konkret zu sagen,
soll auch ein Arzt, wenn er verschreibt
und nicht im Kostenrahmen bleibt,

was er verordnet selber zahlen! -
Ein andres Beispiel auszumalen,
hilft uns die jüngste Gegenwart:
Das Leben mit Hartz IV ist hart,

doch härter noch sind oft die Sachen,
die Ämter mit den Ärmsten machen:
Es gab erhöhtes Kindergeld
(nur zwanzig Euro, nicht die Welt!),

doch hat man leider unterlassen,
Hartz IV darauf auch anzupassen.
So gab’s, die Armen freut es sehr,
jetzt einmal zwanzig Euro mehr -

doch falsch war diese Überweisung!
Nun wird die amtliche Entgleisung
bei den Empfängern heimgesucht:
Das Geld wird kalt als Schuld verbucht,

erbarmungslos zurückgefordert 
und durch Bescheid zurückgeordert,
per Post - dem Hartz-Gesetz konform.
Doch sind die Kosten so enorm, 

dass sie den Nutzen übersteigen! -
Um noch was anderes zu zeigen,
geht’s nach Berlin, ich lad’ euch ein,
im Kabinett zu Gast zu sein

und - nicht komplett, sonst wird’s uns grauen! -
die Führungsriege durchzuschauen:
Wie sieht’s denn hier im hohen Haus
mit der Minister Eignung aus?

Um mit „Gesundheit“ zu beginnen:
Die Ärztelobby wird gewinnen,
weil ein gelernter Doktor med.
für Jahre jetzt ganz oben steht.

Schon sehen wir hier nach dem zweiten:
„Entwicklung“ soll jetzt einer leiten,
der fast - es fehlte nur die Kraft -
„Entwicklung“ neulich abgeschafft!

Punkt drei: „Familie und Senioren ...“ 
Hier hat man eine Frau erkoren,
die weder Kind noch Kegel hat.
Doch wird Berlin, die große Stadt,

ihr sicher bald den Mann bescheren.
Bei „Arbeit“ ist das umzukehren:
Dort residiert jetzt eine Frau
mit Kindern - sieben ganz genau! -

die besser nach „Familie“ passte!
Zuletzt kommt aus der „hohen Kaste“
(wir woll’n dazu nach „Außen“ seh’n),
noch einer (könnt ihr’s wohl versteh’n?),

den als Minister zu bestellen
nicht (wie in vielen andern Fällen!)
so schlecht - vielmehr das Rechte war!
Denn eines ist doch sonnenklar:

Meist sind Regierungsbosse Männer!
Da eignet sich ein Männer-Kenner,
der schon als Mensch, zumal als Mann
auch gut mit andern Männern kann. -

Wir sind am Schluss, es wird auch reichen!
Wo eigentlich sieht man ein Zeichen,
von Charisma** und Sachverstand?
Es ist wohl Zeit im deutschen Land

ganz schnell den „Roten Knopf“*** zu drücken!
Auf Dauer kann ein Staat nicht glücken,
bei dem, wenn er Minister wählt,
das Alter des Parteibuchs zählt

und welcher Klientel sie dienen. - 
Denkt dran, demnächst in Wahlkabinen,
erinnert euch und gebt fein acht,
wohin ihr dann das Kreuzchen macht!

Manfred Günther

* Budgetierung heißt, Ärzte dürfen ihre Patienten nur nach einem festgesetzten Kostenrahmen 
versorgen oder müssen die Mehrkosten aus eigener Tasche zu finanzieren. 
** Charisma = Geistesgabe, Ausstrahlung , Kompetenz
*** Das ist selbstverständlich nicht im Sinne der politischen Farbenlehre gemeint!
Längs und quer zur Zeit - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 76