Ein Alptraum ... ... wird wahr! Ihr wisst, wie manchmal Träume quälen und dass es hilft, sie zu erzählen? So bitte ich, leiht mir ein Ohr, denn hier und heute hab’ ich vor (ganz wie gewohnt mit Vers und Dichten), von einem Alptraum zu berichten, der lang schon ständig wiederkehrt und meine Nervenkraft verzehrt, dass selbst noch tags - es ist zum Grausen! - die Bilder meine Seele zausen und Angst, dass irgendwann geschieht, was jede Nacht mein Auge sieht und was so furchtbar ist, so gräulich! - Doch jetzt von vorn: Da kam uns neulich ein Brief ins Haus vom ZAV*, der war zwar ziemlich ungenau, doch zeigte schon recht klar die Richtung. Es gäbe (das ist keine Dichtung, auch wenn’s den Lesern jetzt so scheint; es war vielmehr ganz ernst gemeint!) für unsern Müll bald neue Tonnen, mit denen wäre Raum gewonnen für viel mehr Müll im ganzen Kreis und das noch fast zum alten Preis! Darauf - man wird es wohl verstehen - begann ich näher hinzusehen und schnell, sehr schnell hab’ ich erkannt: Die spinnen wohl beim Müllverband! Die kleinste Tonne, das ist bitter, hat jetzt statt sechzig achtzig Liter, doch ist’s nicht gleich, wer diese nimmt, sie sind den Singles vorbestimmt - egal ob sie die Tonne füllen! Den ganzen Wahnsinn zu enthüllen, kommt hier ein zweites Beispiel dran: Da sind die Eltern, Frau und Mann, mit (Bundesdurchschnitt!) noch zwei Kindern. Statt hier den Kostendruck zu mindern, gibt’s ein Gefäß - und zwar als Zwang! - (der Müllvermeidung Abgesang!) viermal so groß**, wie man es hatte! Wie füllt man denn dies nimmersatte gewaltig große Riesending? War der Verbrauch bisher gering, jetzt wird der ZAV-Verwender vom Müll-Vermeider zum Verschwender - da fragt man sich, war der Effekt ein Fehler ... oder doch bezweckt??? - Mein drittes Beispiel ist jetzt meines (vielleicht auch, lieber Leser, deines): Wir sind im Haus nur noch zu zweit und hatten in der letzten Zeit von sechzig Liter eine Tonne. Im Sommer unter heißer Sonne war’s bis zur Leerung oft zu lang. Dann setzte sich von selbst in Gang manch Essensrest (nicht, dass ich spaße!) und lief alleine bis zur Straße, noch eskortiert vom Fliegenschwarm und stank dabei, dass Gott erbarm’ und war bewegt und voller Leben ... doch blieb dann bei der Leerung kleben! In Zukunft ist - wie angenehm! - nochmal verdoppelt das Problem: statt sechzig Liter - hundertzwanzig! Wird dann was faulig oder ranzig, hat auch der Nachbar was davon! - Doch jetzt, der Leser wartet schon, hört endlich, wie in meinen Träumen sich Nacht für Nacht die Bilder bäumen, so dass der Schweiß das Kissen nässt: Ich sehe mich mit einem Rest von Hausmüll vor mein Häuschen treten, wo vor’gen Tags man ungebeten die Tonne ausgewechselt hat. Jetzt steht ein Monstrum dort anstatt des kleinen Tönnchens, das wir hatten. Am Eingangstörchen fehlen Latten, die „Neue“ nämlich war zu groß! Dann braucht es fünfzehn Wochen bloß, das Tonnenmonstrum voll zu kriegen. Im Traum, in dem Gedanken fliegen, ist diese Zeit dann flugs vorbei: Entsorgungstag! - Um fünf Uhr drei seh’ ich mich selbst nach draußen hasten. Am Tor die Latten, die nicht passten, sind schon aufs Neue abgeschraubt. Die Tonne, schwerer als geglaubt, lässt weder ziehen sich noch zerren. Die Gartenkammer aufzusperren, hol’ ich im Traum den Schlüssel nun. Um dort den Müll hineinzutun besorge ich vier Plastiktüten. Um Müllberührung zu verhüten, ist eine Schaufel erste Wahl. Die Tonne auf! Mit einemal raubt der Gestank mir fast die Sinne! Ein kleines Päuschen, ich beginne den Müll der Tonne, der zum Glück zusammenklebt, jetzt Stück für Stück den Plastiktüten einzugeben ... da schlägt’s vom nahen Kirchturm eben die sechste Stunde. Höchste Zeit! Die Müllabfuhr ist nicht mehr weit! Und wirklich, grade kommt der Wagen! Die Riesentonne rauszutragen, gelingt - nur halb gefüllt! - recht leicht. Schon hat der Wagen sie erreicht, schon sieht den Leerungsarm man sinken, ich seh’ mich mit den Tüten winken, die sollen schließlich auch noch mit. Ich winke, renne Schritt um Schritt, der Müllentsorger bleibt apathisch, Entleerung geht heut’ automatisch und elektronisch, nicht nach Sicht! Drum also sieht der Mann mich nicht und fährt - er wirkt entspannt und heiter - jetzt ohne meine Tüten weiter. - Soweit mein Traum. Wir sind am Schluss, weil ich mal eben schauen muss, heut’ soll es neue Tonnen geben ... - Jetzt war ich draußen, wo man eben die Tonne ausgewechselt hat. Jetzt steht ein Monstrum dort anstatt des kleinen Tönnchens, das wir hatten. Am Eingangstörchen fehlen Latten, die „Neue“ nämlich ist zu groß! Ist das wohl auch ein Alptraum bloß aus dem wir irgendwann erwachen und über den wir fröhlich lachen? Ich fürchte, er ist wahr und echt! Ich leg’ die Tüten schon zurecht ... Manfred Günther * ZAV heißt nicht Zentrale für Abzocke der Verbraucher sondern Zweckverband Abfallwirt- schaft Vogelsbergkreis ** statt 60 l jetzt 240 l! Längs und quer zur Zeit - Gedichte für Alsfelder Allgemeine 74