Die Freude ist dahin! ... aber was ist eigentlich gewonnen? Bei dreien ist mir’s aufgefallen, doch wie den dreien geht es allen! Ihr fragt, wovon die Rede ist? Dann lest jetzt weiter, dass ihr’s wisst: Es handelt hier von drei Berufen, die Ent- und die Versorgung schufen. Zuerst geht’s um die Müllabfuhr. Danach - es herrscht zwar Konjunktur, doch schleppend gehen die Geschäfte! - bedenken wir die Pflegekräfte. Zum Schluss - da gleicht sich West und Ost - ein Blick noch hin zur Gelben Post. - Beim Müll beginnt’s: Wie war’s vor Zeiten? Wir sahen zweie den begleiten, der vorne hinterm Steuer saß. Ob Haushaltsmüll, Kompost und Glas, der eine vorn fuhr nur den Wagen! Die Tonnen hinten anzutragen, damit man sie entleeren kann, gab Arbeit einem weit’ren Mann. Der dritte ließ die Tonne schweben, hydraulisch rund drei Meter heben, dann kippt er in des Wagens Schlund und stellt zurück sie auf den Grund, wonach der zweite dann die Tonnen, drei, viere manchmal in Kolonnen zurück zu ihren Häusern schiebt. Dabei gab’s, was es nicht mehr gibt, genügend Anlass, mal zu lachen, ein Späßchen, einen Witz zu machen ... Man war ja immerhin zu drei’n und nicht wie heute ganz allein. Mit einem Wort: für Abfuhr-Leute, war’s ein Beruf, der sie erfreute, nicht etwas nur, was „Kohle“ bringt. - Wie ist das heute „sparbedingt“?: Ein Einziger muss leeren, fahren (so kann man sich die andern sparen). Er fährt allein durch Stadt und Land und sitzt am rechten Wagenrand, als Tonnenleerer auch zu walten, hat niemand, sich zu unterhalten und bremst und hält vor jedem Haus, steigt ständig ein und ständig aus, hat nicht mal Zeit von Einst zu träumen, muss immer weiter ohne Säumen, der Abfallwirtschaft zum Gewinn. Die früh’re Freude ist dahin! - Wir kommen nun zu andern Dingen und müssen scheinbar ziemlich springen, doch sachlich ist es schnell geschafft: Jetzt geht es um die Pflegekraft und statt Entleeren ums Versorgen. Zwar ist ihr Tun uns oft verborgen, weil’s in Spital und Haus geschieht, doch eins steht fest: Wer krank ist, sieht, was Schwestern und was Pfleger leisten! Doch überlastet sind die meisten, denn - ganz nach Unternehmerart - wird auch an ihnen längst gespart! Wo früh’r in Krankenhausstationen und Heimen, wo die Alten wohnen, man seinen Dienst zu dritt versah, ist heute nur noch einer da, doch für die selbe Zahl von Kranken! Wem kommen da denn nicht Gedanken, die Sache läge ziemlich schief? Bezahlt wird weiter nach Tarif und der ist mäßig, ja, bescheiden. Wie lässt es sich denn da vermeiden, dass mancher jeden Spaß verliert und - selber krank! - den Dienst quittiert, den freudig er mal angetreten? - Ein drittes Beispiel zur konkreten Veränderung im Postbetrieb: Die letzten Sommerwochen blieb am Samstag immer leer der Kasten! „Weil Briefe durch den Schlitz nicht passten?“ Ach nein, ihr denkt ja viel zu schlicht: Man hatte bloß die Kräfte nicht, denn auch die Post ist strikt am Sparen! Wo’s einmal „unsre“ Leute waren, der Postmann nur für „unsre“ Stadt, weiß heute keiner, wen er „hat“ und kennt sie nicht, die Herrn und Damen, weiß auch von ihnen nicht die Namen und das wird heute wohl bezweckt: Was irgendwie Vertrautheit weckt, Gemeinschaftsgeist und Wir-Gefühle, wird unterdrückt durch Profi-Kühle, wodurch auch hier die Freude stirbt. Kein Wunder, wenn dann ganz verdirbt, was früh’r einmal nicht ungewöhnlich: man war bekannt und sprach persönlich! Hält heut’ die Post vor unserm Haus, steigt wöchentlich ein andrer aus und immer ist ihm anzusehen: Er müsste noch viel schneller gehen und ist ja auch schon viel zu spät! Und wenn ins Schwatzen er gerät, was früher häufig vorgekommen (und was wir gerne angenommen!), verschwatzt er viel zu knappe Zeit. (Im Winter bricht schon Dunkelheit herein, wenn noch die Boten laufen, selbst wenn kein Weilchen sie verschnaufen.) So eilt er sich, er rennt und hetzt, versieht, denn sie sind unbesetzt, im Kreis noch andre Postbezirke! - Zum Schluss, auch wenn naiv ich wirke: Es ginge anders, glaub’ ich fest! Schon viel zu lange läuft der Test: „Was kann ein Mensch an Druck ertragen? Zu welchen Opfern - ohne Klagen! - sind Arbeitnehmer noch bereit?“ - Ihr Arbeitgeber gebt auch Zeit, die Arbeit menschlich zu gestalten, sich drin persönlich zu entfalten, ganz ohne Hektik, Stress und Hast! Lasst Menschen Ruhe, Sinn und Rast, dann werdet ihr’s gewiss erleben: Der Arbeitsfreude Nahrung geben, wird auch noch profitabel sein! Mehr Qualität gibt’s obendrein! Manfred Günther Längs und quer zur Zeit - Gedichte für Alsfelder Allgemeine 71