Großvater werden ... ... ist schon schwer! Ob wir uns freuen oder grollen und ob wir’s wünschen oder wollen, es kommt - auch wenn wir nicht bereit! - im Herbst des Lebens eine Zeit, in der - meist ohne uns zu fragen - die Früchte selber Früchte tragen, das meint: Die unsre Kinder sind, bekommen unser Enkelkind, was mit sich bringt, dass wir, die Alten, zu „Eltern“ - „Groß-“ hinzu erhalten, womit man uns oft über Nacht zu Omas oder Opas macht. Die Frau und mich hier auszunehmen, konnt’ sich das Schicksal nicht bequemen. So hört hier heute im Gedicht, den sehr persönlichen Bericht, was pränatal* längst vor den Wehen (im Vorfeld also) mir geschehen. Wobei’s bei Schwangerschaften meist lang und geduldig warten heißt. Wir warten eigentlich ja immer auf irgendwas. Doch sehr viel schlimmer ist Warten, wenn ein Mensch entsteht: Man wünscht sich, dass es schneller geht, so wie bei Meisen, Amseln, Spatzen und bei den Mäusen und den Katzen. So denkt man sich, kaum sprang das Ei, ob bald nicht der Termin wohl sei, das Enkelkind zur Welt zu bringen? Auch will es selten noch gelingen, dass man Gedanken konzentriert und nicht nur wie am Hirn lädiert noch lebt, um an die Wand zu starren. Die Welt ist Warten, Hoffen, Harren ... die Tage, Nächte kriechen nur und zieh’n sich wie der Schnecken Spur durch zähe, träge, lange Wochen. Kein Blumenduft wird mehr gerochen, kein Vogelsang dringt in das Ohr! Hob Mozart sonst das Herz empor, kann Wagner uns jetzt kaum erreichen. Auch körperlich zeigst du die Zeichen, von Nahrungsmangel, wenig Schlaf. Du nennst dich selbst wohl „dummes Schaf“, doch kannst aus deiner Haut nicht fliehen und dich der Spannung nicht entziehen: „Wie sieht es aus? Hat’s was von mir? Spielt’s später wohl einmal Klavier? Kann’s reimen, macht es mal Gedichte? Wird’s klug und schreibt auch selbst Geschichte? Fühlt sich’s hier wohl in dieser Welt? Kriegt’s einen Partner, dem’s gefällt?“ Und manches mehr, was dich beschäftigt, dich innen drin mehr schwächt als kräftigt: Es kreist dein Herz, dein ganzer Sinn um Enkel oder Enkelin! - Dabei, wenn wir’s mal sachlich fassen, wie will denn das zusammenpassen: Wer willigt wirklich gerne ein und will dann - ehrlich! - Oma sein? Steht Oma nicht für alt, gebrechlich und erst der Opa - unaussprechlich, vor allem, wenn’s uns selbst betrifft. (Drum hab’ ich bei der Überschrift das Wörtchen „Opa“ auch vermieden und für den Namen mich entschieden, der besser und auch jünger klingt!) - Wann wohl der Storch die Kleine bringt? Wann kann ich auf der Leute Fragen ganz laut und stolz die Antwort sagen: „Es ist soweit! Das Kind ist da! Und ich bin endlich .... Großpapa!?“ Manfred Günther * pränatal = vorgeburtlich, vor der Geburt Längs und quer zur Zeit - Gedichte für Alsfelder Allgemeine 63