Es wird heiß! Drei Sommertipps für ältere Herren Mit Sechzig hast du’s mitbekommen: Du bist als Mann „vom Markt“ genommen! Denn allenfalls die eig’ne Frau betrachtet dich noch mal genau: Vielleicht den Hinterkopf zu sichten, ob sich die Haare weiter lichten? Ein Blick zum Mund ist auch beliebt, ob’s dort wohl neue Falten gibt? Sehr grob geht’s dann noch um die Kleidung: Hier übt man tunlichst die Vermeidung von Rotem kombiniert mit Blau (Das trägt laut Sprichwort „nur die Sau“!). Ansonsten gibt es kaum noch Regeln. Man geht ja meist - nicht nur beim Kegeln! - im Trainingsanzug, der bequem den Bauch umspielt und angenehm sich einschmiegt in die Körperfalten. Auch wehrt der Anzug dem Erkalten des Leibes in der Winterzeit. Und ist es sommers dann soweit, dass Sonnenstrahlen uns erhitzen, dann müssen wir noch lang nicht schwitzen: Der Reizverschluss wird aufgezippt und zeigt von Schiesser (feingerippt!) das Unterhemd, das blütenreine! Zur Not, zurrt man die Hosenbeine noch hoch bis etwas übers Knie. So brauchst du wenig Phantasie und auch ganz selten neue Sachen, denn viel ist eh nicht mehr zu machen: Bist über Sechzig und bist alt ... - Doch jetzt, ihr Leute, ruf’ ich: Halt! Es gibt da Trends in Modedingen, die können eine Wende bringen, indem sie den, der sich bekehrt, zu einem macht, der heiß begehrt bei älteren und jungen Frauen! Soll’n also Damen nach uns schauen, beachte man Tipp eins und zwei, vor allem aber Nummer „drei“ (der beste aller Tipps, der Renner!). Doch eins zuvor noch, liebe Männer: Die Tipps führ’n dann erst stracks zum Ziel, wenn schon der Trainingsanzug fiel ... im Sommer also, wenn wir baden mit weißen Bäuchen, bleichen Waden und Oberarmen wie ein Strich, wenn alles, was sonst „innerlich“, mal an der Luft ist und ganz lose und wir in unsrer Badehose (noch aus der Zeit des Freischwimm-Scheins), dann passt der Tipp mit Nummer „eins“: Es braucht, zwar nicht seit Kain und Abel, jedoch in unsrer Zeit am Nabel ein Piercing*, das es, weil’s beliebt, in vielen Hundert Formen gibt. Für Sechziger ist sehr empfohlen (es trägt auch Macho** Dieter Bohlen!) ein Totenkopf im Knochenrand, im linken Auge ein Brillant! Doch geht es auch noch maskuliner: Ein Hasenrammler („Weißer Wiener“***) aus Elfenbein, die Augen blau ... Hier weiß die Frau gleich ganz genau, der will die Damenwelt betören! - Der Piercing-Pieks wird niemand stören, als süßer Lohn ist garantiert, dass jede Frau den Kopf verliert, tritt so ein Nabel ihr entgegen. - Tipp „zwei“ ist dort ein rechter Segen, hat so ein Mann am Rücken Haar! Denn dieses ist in diesem Jahr verpönt, man muss es abrasieren! Doch will man nicht auch Blut verlieren, sucht jeder sich den zweiten Mann, der Haare nass rasieren kann. Auch dieser Tipp hat als Ergebnis ganz rasch ein prickelndes Erlebnis der zwischenmenschlich schönsten Art! Doch alles kommt erst recht in Fahrt, befolgt ihr diesen Tipp, den „Dritten“: Die Socken gelten unbestritten fast als die zweite Haut am Fuß. Man trägt sie Schwarz, in Grau wie Ruß, bestickt mit Pferden, Drachen, Rosen und immer auch zu Badehosen! Sie sind der Hit am Männerbein. Man kauft sie meistens nicht zu klein, denn schön ist’s, sind sie lang gediehen, sie hoch bis übers Knie zu ziehen, bis oben fast der Gummi bricht ... Doch dies, ihr Männer, darf man nicht!!! Die Mode will, dass so ein Socken, wir mögen gehen, stehen, hocken, sich nicht an seinem Gummi hält, vielmehr in Wülsten runterfällt, so dass er wie gewellte Därme und frei von aufgestauter Wärme uns maximal zum Knöchel reicht. Beim Laufen schwingt die Chose leicht ... Und diesem Schwingen wird’s gelingen den Frauenblick herbeizuzwingen. Und jede Frau sagt: „Ei der Daus, das sieht ja wirklich sexy aus!“ - So bleibt mir noch zu appellieren, es mit den Tipps auch zu probieren! Doch eins, ihr Männer, ist ganz klar: Ihr tut’s auf eigene Gefahr! Manfred Günther * Piercing = Schmuck aus Metall oder Knochen, den man mittels Durchstechen verschiedener Haut- und Körperstellen, wie Lippen oder Ohren dauerhaft am Körper anbringt ** Macho = dominanter, angeberischer Mann *** Weiße Wiener = Reinweiße Kaninchenrasse mit blauen Augen Längs und quer zur Zeit - Gedichte für Alsfelder Allgemeine 55