Die Werbefahrt - Teil 2 oder: Wie man günstig einkauft Der Tag ist da, das Wetter diesig, doch Karls* und Friedas* Freude riesig: Man sitzt nicht immer nur zu Haus, es geht heut’ endlich mal hinaus, zwar nicht sehr weit, doch auch nicht teuer: Nur Fünfzehn Euro - mit der Steuer! - auch Essen, Trinken sind schon drin! Sie geh’n zur Haltestelle hin, wo schon ihr Bus - ganz pünktlich! - wartet. Sie treten ein, der Fahrer startet, sie schau’n sich um im Innenraum ... Ist’s Täuschung oder ist’s ein Traum: Sie sind allein, sonst keine Gäste! „Nun gut“, meint Karl, „dann ist’s das Beste, wir machen uns ganz vorne hin!“ Auch Frieda steht danach der Sinn, so sieht man auf den Vorderplätzen - den beiden rechten! - sie sich setzen. Kaum fünf Minuten später nur: der zweite Halt der Werbetour, wo wieder zwei den Bus besteigen. Sie blicken - da sind Menschen eigen! - sofort zur rechten Vorderbank. In ihrem Blick liegt Lust auf Zank, doch Karl und Frieda lächeln milde. Schon spricht der neue Fahrgast: „Hilde, wir setzen uns dort vorne links!“ Und sie - gewärtig seines Winks - folgt brav. Man sieht dem Mann zur Linken sie vorne in die Polster sinken, worauf der beiden Blick vereist. (Wir merken uns: Es gilt als dreist, die Plätze vorne rechts zu wählen!) Im Bus sind, wenn wir richtig zählen, der Fahrer und der Paare zwei! Schon kommt die Haltestelle „drei“ und diesmal sind es vier Personen. Es folgen weitere Stationen, vom Zufall übers Land verstreut. Nach Stunden, was die Gäste freut, sind alle fünfzig auf den Sitzen! Erst jetzt, den Fahrer sieht man Schwitzen, geht’s endlich ab ins Hessenland. In Hungen in der „Goldnen Hand*“ erwartet man den Bus schon länger. „Da wird es für den Vortrag enger“, so meint jetzt Karl zu seiner Frau. Doch täuscht er sich: Ein Mann in Grau, den sie als Redner gleich erkennen, tritt vor: „Ihr dürft mich Alfred nennen! Mein zweiter Name reimt auf Strick, das macht im Ganzen: Alfred Schrick*!“ Dann lässt er seine Blicke wandern und prüft beim einen und beim andern, ob ihm der Scherz gelungen ist. Jedoch die gute Laune misst im Saal gering. Man möchte essen! Des Redners Auftrag ist indessen der Vortrag: „Rheuma - ein Geschick?“, so trifft ihn jetzt manch böser Blick, als er sich wagt ans Pult zu treten. (Er tut’s, man spürt es, ungebeten.) Schon legt er los: „Das Rheuma zählt zu dem, was Menschen tierisch quält, besonders sind sie krank und älter und ihre Lebenssäfte kälter, dann hilft - ist erst das Leiden schwer - den Rheumakranken gar nichts mehr. So war es schon, was soll ich sagen, in Gottes ersten Schöpfungstagen ...“ Jetzt geht der Redner seinen Gang von Adam bis ins Jetzt entlang. Ihn stört kein Räuspern und kein Murren, ja, nicht einmal das Magenknurren, das überall im Saal erschallt, selbst eine Ohnmacht lässt ihn kalt! Er spricht - geschlagen - eine Stunde! Dann kommt des Vortrags zweite Runde: Der Redner schwärmt von Rheuma Ex*, dem Wundertrank von „Sano-Rex*“! Dabei wird Alfred fast ekstatisch: „Ich selber war verschärft rheumatisch, doch seht mich bitte heute an: Ich bin ein kerngesunder Mann!“ Um dies nun plastisch zu belegen, beginnt Herr Schrick sich zu bewegen, verdreht die Arme, hebt das Bein und klappt den Oberkörper ein ... Dann endlich, endlich ist’s zuende. Erschöpft klatscht mancher in die Hände, tritt vor und kauft mit letzter Kraft von Sano-Rex den Wundersaft, auch wenn er nicht am Rheuma leidet! Das geht Ruck-Zuck, denn man vermeidet jetzt jeden weiteren Verzug. Und auch die Küche - klug genug! - beginnt nun ohne Zeitverlieren, das Mittagessen zu servieren, von dem man später lang noch spricht: „Ich sah mein Steak ja lange nicht, dann hob ich eine Gurkenscheibe ...“ - Es reicht, was ich für heute schreibe. Demnächst, es bleibt euch nicht erspart!, der dritte Teil der „Werbefahrt“. Manfred Günther * Alle Eigen-, Produkt- und Ortsnamen sind Fantasie bzw. geändert! Längs und quer zur Zeit - Gedichte für Alsfelder Allgemeine 51