Ein Tipp für die Fastenzeit Es gibt da eine neue Waage ... Hier im Gedicht, das ich heut’ dichte, geht es um Lasten und Gewichte. Gemeint sind die, die auf dem Bauch, an Po und Oberschenkeln auch oft in Advents- und Weihnachtswochen (schon wenn an Speisen wir gerochen!) entstehen, wachsen und gedeih’n! Auch wächst der Wunsch, sie los zu sein, mit einem Wort: Nicht dick zu bleiben. So will ich heute davon schreiben, wie man im Lauf der Fastenzeit von Fett und Pfunden sich befreit. - So lasst uns also jetzt beginnen: Vielleicht hat von den LeserInnen, die eine und der andre schon ‘ne Waage, die auch noch mit Ton die Pfunde zu den Ohren sendet? Das meint genau: Das Wiegen endet hier nicht damit, dass man erblickt, wie schwer man ist, nein, man erschrickt zudem noch, wenn moderne Waagen die harte Wahrheit wörtlich sagen (wo’s besser wär’ sie schwiegen still!). So hört, auch wer’s nicht hören will, um wie viel sein Gewicht gestiegen! Der Zweck ist klar: Man wird beim Wiegen nicht nur durchs Auge informiert, ob und wie stark man Speck verliert, es geht um Ansporn auch zum Fasten. Denn spricht noch einer von den Lasten, die unsern Körper aufgeschwemmt, ist unser Wille schnell enthemmt und wird mit Macht ins Zeug sich legen, der Form und der Figur zum Segen (von Gier und Fresslust unbeirrt), dass er der Pfunde ledig wird. - So hört gut zu, wenn ich euch sage: Es gibt jetzt eine neue Waage*, die nicht nur leise mahnend spricht, sie schreit vielmehr, wenn dein Gewicht den guten Durchschnitt überschreitet! Gesetzt: Dein Bauch ist so geweitet, dass er für zwei Personen reicht, dann ist die Waage so geeicht, von deiner Schwäche, deinen Sünden mit zirka hundert Phon zu künden! Dann schallt es aus dem Bad hinaus (man hört es bis ins Nachbarhaus!!!): „Du bist gewaltig überfressen! Nur halb so viel wär’ angemessen! Dein Überschuss sind funfzig Pfund!“ Man glaubt es gern: Dies reicht als Grund für unsrer Essgewohnheit Wandlung! Schnell wird das Wiegen zur Behandlung, denn wenn die Waage man besteigt, wird’s uns akkustisch angezeigt: Schreit sich der Waage Stimme heiser? Wird ihre Mahnung langsam leiser? Es liegt an unsrer Willenskraft! Doch bleibe man gewissenhaft, die Waage lässt sich nicht belügen! Betrugsversuche wird sie rügen, sofort und im Kasernenton mit über hundertfünfzig Phon: „So schlau wie du bin ich schon lange! Du stützt dich an der Handtuchstange!“ Ein Wort, das uns nicht wenig stört, wenn’s dann auch noch der Nachbar hört! So also bleibe man gelassen, gemäßigt auch beim Essenfassen und schon nach vier, fünf Wochen nur schlägt an die harte Fastenkur, die Waage spricht schon ziemlich leise: „Du meidest Fett und süße Speise, das macht sich gut, es fehlt nicht viel, nur sieben Kilo bis zum Ziel!“ Gern wird man dies noch weiter treiben und standhaft auch beim Fasten bleiben, und Tage später hört man dann, was uns zum Spurt beflügeln kann: Die Waage flüstert nur beim Messen: „Du bist jetzt kaum noch überfressen! Dein Überschuss: noch sieben Pfund!“ Und endlich haucht der Waage Mund an Ostern nach den Fastenwochen: „Die Fresslust hat dich nicht gebrochen! Zu Ende ist die Fastenqual, denn dein Gewicht ist jetzt normal!“ - Zum Schluss ist nun noch dies zu sagen: Ich selber habe mir vor Tagen vom Drang zum Fettverlust bewegt, die neue Waage zugelegt. Doch weil ich sehr zur Fülle neige, hab’ ich, bevor ich sie besteige und jeder Nachbar gleich was merkt, die Dämmung meines Bads verstärkt! Manfred Günther * Die Waage heißt „Megaphon“ von Watch-Waiters und kostet 111,11 € im Fachhandel. Längs und quer zur Zeit - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 40