Ein Versicherungsfall - Teil 2 Der Tag ist da in Reim und Dichten, des Dramas Fortgang zu berichten. Ich übergebe jetzt sofort an den Geschädigten das Wort, dass hier die lieben Leser lesen, was weiter war und wie’s gewesen und wie der Fall zum Gipfel trieb ... Hört hier, was Jost der Kasse schrieb: „Ich hing durch Schwerkraft hochgehoben am Kopf lädiert vom Balken oben, doch nur sehr kurz, dann war’s soweit: Die Ziegel unten, kaum befreit aus ihrem morschen Holzgefängnis, entsprangen diesem - mein Verhängnis! Der Rest der Kiste nämlich war entleert von seinem Inventar so leicht, um wieder sich zu heben, doch leider nicht, nur sanft zu schweben, sie stieg vielmehr raketenhaft, als triebe einer Feder Kraft sie dorthin, wo ihr Weg begonnen. Schon war die Mitte jetzt gewonnen, da hieb sie wieder auf mich ein und brach dabei mein rechtes Bein. Mein Weg am Seil ging stracks hinunter, bis ich kopfüber und kopfunter nach kurzem, angsterfüllten Flug am Boden auf die Steine schlug, die aus der Kiste sich ergossen. Hier brach der linke Fuß, auch flossen aus beiden Händen je ein Schwall von Blut, weil dort Metall der Kistennägel eingedrungen! Ich ließ das Seil vom Schmerz gezwungen nun los ... und es entfloh hinauf. Der Rest der Kiste merkte auf und folgte den Naturgesetzen, um noch einmal mich zu verletzen: Sie stürzte einem Adler gleich in meinen Unterbauchbereich und brach noch eine meiner Hände. Dann endlich war der Fall zu Ende, doch leider, leider nicht für lang, dann kam er neuerlich in Gang, das war so ein, zwei Stunden später: Zwei junge Rettungssanitäter befragten mich, was denn gescheh’n, sie hätten Gleiches nie geseh’n und wüssten gern, warum die Knochen bei mir fast überall gebrochen, ja, wie denn sowas möglich sei? (Hier muss ich sagen, dass die zwei mich eben trugen auf der Trage!) Ich gab als Antwort auf die Frage, nun einen kurzen Fallbericht, was freundlich war, doch hilfreich nicht: Der erste Träger musste husten, der andere fing an zu prusten, dann aber gab’s kein Halten mehr: Die Trage schwankte hin und her weil beide Träger schallend lachten und sich fast in die Hose machten, wobei sich Mensch und Trage bog, wodurch ich hart aufs Pflaster flog mit Schulterprellung als Ergebnis! - Dies, lieber Hinz, war mein Erlebnis, das sicher nicht alltäglich ist. Verzeihen Sie die lange Frist, die seit dem Fall bis heut’ vergangen! Doch in der Zeit seitdem misslangen die Schreibversuche mit der Hand. Auch trag’ am Kopf ich noch Verband und leide sehr an trüben Tagen. Doch eins ist positiv zu sagen: Die Steine zum Garagenbau (für den Ascona meiner Frau!) sind wenigstens, das muss man loben, nicht länger auf dem Speicher oben! So kann ich nun frei von Gefahr, ich hoffe noch in diesem Jahr, wenn ich genas an Kopf und Händen, das Bauvorhaben leicht beenden - was immerhin ein kleiner Trost! Mit gutem Gruß! Ihr Bauer Jost!“ Manfred Günther Längs und quer zur Zeit - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 21