„Neiddebatte“? Nach der neuesten Veröffentlichung der Managergehälter Ein Wort, drei Silben wollen sagen, worum es geht in diesen Tagen, wenn uns die Presse Zahlen nennt, was Männer aus dem Management in einem Jahr an Geld verdienen. Stets heißt’s: Wir neideten es ihnen und gönnten’s diesen Leuten nicht. Dann hört man Worte von Gewicht, zum Beispiel: „Leistung muss sich lohnen!“ und weiter: „Vierzehn Millionen* sind in Amerika nicht viel!“ Dann schließlich kommt dies Wort ins Spiel: Das wäre eine „Neiddebatte“ und überdies „die alte Platte“, die der auf seinen Teller legt, der „selbst nichts leistet und bewegt“. - Nun ist’s vielleicht noch zu ertragen, wenn Großverdiener selbst das sagen. Doch reißt der Faden der Geduld, wenn auch der Bundestag die Schuld dann denen gibt, die wenig haben und völlig schuldlos auf die Gaben des Staates angewiesen sind. Eins weiß doch heute jedes Kind: Schon lang hängt’s nicht mehr ab vom Wollen! Die Arbeitsstellen, selbst die vollen, ernähren oft nicht mehr den Mann, und hängen Frau und Kinder dran, dann reicht’s schon gar nicht mehr zum Leben. Doch sagt - und darum geht es eben - dies über „Leistung“ gar nichts aus! Denn ist erst einer ganz zu Haus und hat seit langem keine Stelle, dann kriegt er weder auf die Schnelle noch auf die Dauer Arbeit mehr! Wer soweit ist, der leidet sehr und möchte schaffen - und sehr gerne! Doch es beweist die Menschenferne, die heute in Berlin regiert, wenn man als faul diskreditiert, die klar das Opfer falschen Denkens und dann politisch schiefen Lenkens durch schlechte Arbeitspolitik. - Hier kommt nun noch ein zweiter Blick - ein ehrlicher und unverstellter! - auf hohe Managergehälter; es hilft dabei uns der Vergleich: Wir denken uns, im Bankbereich kriegt einer netto Zehn Millionen. Er hat (um selten drin zu wohnen) vier eig’ne Häuser hier und da von Zürich bis Amerika, wo immer die Geschäfte zwingen, ein, zwei, drei Nächte zu verbringen. Ansonsten, machen wir es kurz, bleibt ihm beim Jahres-Kassensturz vom Netto immer noch zwei Drittel. Da denkt man doch, dass diese Mittel der reiche Mann nun übrig hat für solche, die in Dorf und Stadt am unt’ren Rande vegetieren. Er könnte dort sich engagieren, wo unverschuldet (!) Armut ist und könnte, wenn man zählt und misst, in Sechs- bis Siebenhundert Fällen im Monat Tausend Euro stellen und hätte selbst noch längst genug. - Hier endet mein Gedankenflug, um jetzt noch einmal dies zu fragen: Will wirklich irgendeiner sagen, es wäre Neid, der uns bewegt, wenn man Gehälter offenlegt, die Wahnsinn sind! Der Leistung dessen, der sie erhält, nicht angemessen, vielmehr ganz unanständig viel! - Genug für heut’, des Reimens Ziel fasst jetzt der Schluss nochmal genauer: Gewiss nicht Neid, mich packt nur Trauer, spür’ ich den Geist der Raffsucht weh’n. Es könnte allen besser geh’n, wenn Großverdiener sich besännen und konsequent damit begännen, mit Geldern, die auf Konten ruh’n, für andre Nützliches zu tun. Wer auf den Überfluss verzichtet, begreift, dass Eigentum verpflichtet, wird spüren, was er kaum gedacht: Dass Geben reich und Freude macht. Manfred Günther * Lies: Mill-i-onen Längs und quer zur Zeit - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 19 Längs und quer zur Zeit - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 19