Älter werden Drei Regeln, die vielleicht dabei helfen Ich hätte selber noch vor Jahren (als wir so um die Vierzig waren) es nie geahnt und nicht gedacht, was doch das Alter aus uns macht: Man ist nicht „alt“ und doch schon „älter“! Die Hände, Füße werden kälter, was nachts im Bett zu schaffen macht (- wer hat dort früh’r daran gedacht???). Mal zwickt es unten, mal auch oben. Der Druck des Blutes ist gehoben, ganz so wie der Kaffee-Verbrauch. Gewichtig wird’s an Po und Bauch (man spürt’s besonders, trägt man Hose!). In den Gelenken hemmt Arthrose die einstige Beweglichkeit. Auch wird man „sichtig“, manchmal weit-, doch oft auch kurz- und trägt jetzt Brille. Im Ohr herrscht nie gekannte Stille, wenn einer lautstark mit uns spricht. In Zehen, Fingern zeigt sich Gicht, die Haut wirkt mürb‘ und tiefgestaltig (- man kann auch sagen, sie wird faltig, was klarer, doch auch härter klingt). Die Männer insbesond’re zwingt ein Leiden häufig nach Herzhausen*. Die Frauen kriegen oft ein Sausen im Kopf, das man Migräne nennt. Und mancher Name, den man kennt, ist plötzlich unserm Kopf entfallen. Man tröstet sich: Wie mir geht’s allen! Und doch: Man kämpft so gut man kann mit aller Kraft dagegen an. Man weiß, es ist der Lauf auf Erden, doch will man selbst nicht älter werden und schickt sich nicht ins Schicksal drein! - An dieser Stelle setzt sie ein, des Älterwerdens erste Regel: Man hebt der Lebensfreude Pegel gewiss nicht, wenn man das nur sieht, was schwer ist und herunterzieht. Drum gilt es, neben den Problemen nun endlich das auch wahrzunehmen, was Ältersein in Dorf und Stadt doch auch an Schönem, Gutem hat: Wir müssen nicht mehr funktionieren und unsre Zeit mit dem verlieren, was nichtig und nicht wichtig ist. Des Lebens Herbst ist jene Frist, in der wir nun die Früchte ernten. Auch wo zu sammeln wir verlernten, weil immer Druck und Eile war, da wird uns neu und wunderbar ganz deutlich, wo’s in unserm Leben auch Fülle und Ertrag gegeben. Das weckt die Dankbarkeit, den Stolz. Und immer wächst am selben Holz dann auch Zufriedenheit und Freude: Man lebt nicht, dass man sich vergeude, es gibt auch manches, was uns bleibt! - Die zweite Regel: Sie beschreibt, wie’s geht, dass wir den schlechten Dingen, des Alters nur entgegenbringen, was an Beachtung nötig scheint: Hier ist Gelassenheit gemeint. So also bleibt man stets gelassen: Will uns die Hose nicht mehr passen, zeigt sich am Lid ein Krähenfuß als unsres Herbstes erster Gruß, dann ist’s ein Zeichen uns der Reife! Selbst hohen Blutdruck, Gliedersteife macht unser Lamentier’n erst groß! Im Grunde sind’s Signale bloß, die Lebensweichen umzustellen! Das soll die Regel drei erhellen: Bewegung nämlich tut jetzt Not und überdies ist’s ein Gebot, sich gut und richtig zu ernähren! Ein wenig Sport wird sich bewähren, am besten an der frischen Luft. Rasch sind die Pfunde dann verpufft, wenn wir danach uns streng versagen, uns Schlund und Magen vollzuschlagen mit Pommes, Majo, Wurst und Fett ... Gemüse, Früchte statt Kot’lett, sind stets für uns die bess’re Speise! - Lebt man nach dieser Regeln Weise, dann hat man viel dafür getan, den ält’ren Teil der Lebensbahn so gut wie möglich zu gestalten. Auch mit Arthrose und mit Falten, Vergesslichkeit und Überbein kann so das Leben herrlich sein! Manfred Günther * Herzhausen = ... muss ich das wirklich erklären? Längs und quer zur Zeit - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 13