Wege zum Sparen Neues Merkblatt zum Armutsbericht Es ist nicht leicht in diesen Zeiten, sein bisschen Leben zu bestreiten, denn teuer ist selbst schon das Brot. Sich einzuschränken ist Gebot, doch nicht beim Essen nur und Tanken! Man macht sich langsam auch Gedanken, ob man das Haus, das man bewohnt, sich leisten kann und ob’s nicht lohnt vielleicht ins Ausland auszuwandern? Man fragt: Wie machen es die andern? Was bringt Voltaik* auf dem Dach? Wird grüner Tee nicht siebzehnfach aus einem Beutel neu gewonnen? Sind Strümpfe kratzig - selbst gesponnen und muss zu rauchen wirklich sein? Wird Wäsche wohl am Bach auch rein und kann ich nicht, um Sprit zu sparen, zur Arbeit mit dem Roller fahren? (Der steht - seit unser Hänschen groß - ja doch im Werkzeugschuppen bloß!) - Da kommt nun grad in diesen Tagen ein kleines Merkblatt zu den Fragen um Teuerung bei Brot, Benzin und Lebenshaltung aus Berlin, vom Arbeitskreis „Im Mangel leben“ des Parlaments herausgegeben. Denn Mangel haben, wie bekannt, auch Volksvertreter rings im Land von wegen niedriger Diäten! Schon länger gibt’s statt Fisch nur Gräten und Haferschleim statt Kaviar. Wo früh’r Konsum und Luxus war, da ist heut’ Schmalhans Küchenmeister. Warum? - Das Volk wird immer dreister, es sagt dem Volksvertreter glatt, es reiche, wenn er achtfach hat, was Durchschnittsmenschen heut’ verdienen. So also herrscht nun auch bei ihnen die blanke Not, die wie ihr wisst, bewirkt, dass einer findig ist und findig sind die Herrn gewesen! Wir wollen auszugsweise lesen, wie uns der „Mangel-Arbeitskreis“ im Merkblatt gut zu raten weiß, wie man, wo alles sich verteuert, mit Einfallsreichtum gegensteuert. - Schon kommt Punkt eins vom Merkpapier: Steht in der Wohnung ein Klavier so ist’s, da sollten wir nicht geizen, im nächsten Winter zu verheizen. So gleicht man für ein kleines Haus die letzte Heizölrechnung aus. Punkt zwei betrifft das Duschen, Baden ... Es spart enorm und wird nichts schaden, wenn jeder jedes zweite Mal sich duscht ganz ohne Wasserstrahl, auch kann man gut - zwar nackt, doch trocken - in einer leeren Wanne hocken. Das säubert nicht, doch es entspannt! Der dritte Punkt hat klar erkannt, wie viel TV wir konsumieren und was wir finanziell verlieren durch ungezügelten Gebrauch von Kerner, Gottschalk, Günter Jauch ... So wird uns hierzu anempfohlen vom Sperrmüll uns ein Rad zu holen, zwei Rollen drunter (nicht vom Klo!), ein wenig Draht zum Dynamo, dann wird mit Beineskraft getreten. Drei Tage Übung führt zum steten, schwarz-weißen Bild von sieben Zoll**, zwei Räder machen vierzehn voll und wenn die Großfamilie rackert und auch die Nachbarschaft noch ackert, dann schafft man für zwei Stunden schon in Farbe die HD-Vision. Punkt vier betrifft die Autofahrer und macht sie schnell zum Autosparer. Man rät uns dringend zwar zum Kauf, doch gebe man das Fahren auf! (Und wirklich: Ist’s nicht schon ein Nutzen mit einem Benz sich aufzuputzen?) Wer einen Wagen auch bewegt, wird von den Kosten nur erregt. Am Ende trifft ihn an der Säule beim Tanken des Infarktes Keule? Hier spricht das Merkblatt klar sein Nein: Das zu riskieren, muss nicht sein! Punkt fünf, dann kommen wir zu Ende: Die radikale Nahrungs-Wende! Wir suchen Wurzeln uns im Wald wir kochen nicht und essen kalt und geh’n, wenn wir mal trinken müssen, zu nahen Bächen, Seen und Flüssen, entwickeln künftig auch Gespür für jeden „Tag der off’nen Tür“, um an Büffets uns hier den Magen mit Schnittchen richtig vollzuschlagen, auch wird dann Sekt und Bier gezecht. Und wird es uns danach auch schlecht, dann mag uns der Gedanke stärken: Am Monatsende kann man merken, wie viel ein Leben solcher Art an Euro in der Börse spart. - Jetzt ganz zum Schluss wird noch empfohlen, das Mangel-Merkblatt sich zu holen. Es ganz zu lesen, bringt Gewinn! Es stehen weit’re Punkte drin: Zum Beispiel zum Toiletten spülen mit Luft und zum Getränke kühlen mit Strom aus unsres Nachbarn Haus! - Für heute jedenfalls: Applaus den klugen Mangel-Blatt-Verfassern: Nach der Lektüre wird aus Prassern ein Volk, das endlich recht versteht, wie’s armen Volksvertretern geht. Und niemand wird sich länger sperren, wenn bald die Damen und die Herren vom Bundestag zusammenträten, sich zu verdoppeln die Diäten! Manfred Günther * sprich: Volta-ik = Stromgewinnung aus Solarenergie ** 7’’ = Bilddiagonale von 18 cm Längs und quer zur Zeit - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 11