Euter in Aspik (Teil 2) Gleich wird der zweite Teil beginnen, der Lesern und den Leserinnen auch endlich das erklären soll, was dunkel und geheimnisvoll bisher im Hintergrund geblieben, weil vom Gedicht noch nicht beschrieben: Was meint denn „Euter in Aspik“? - Heut’ also, ist’s die Politik, aus der ich mir drei Fälle wähle, von denen ich gereimt erzähle, ganz ähnlich wie im ersten Teil. - Im Beispiel eins schießt wie ein Pfeil ein Mann von unten ganz nach oben. Von Gunst und Protektion gehoben und mit Beziehung angetan, durchläuft er eilig eine Bahn, die im Normalfall Jahre dauert. Wo sonst man unten leicht versauert, da schafft er’s rasch bis obenan. Schon überflügelt unser Mann gleich Dutzende Parteigeschwister und wird ... Verteidigungsminister. Jedoch - und das ist halt der Clou: Die Eignung hat er nicht dazu! Denn was bringt einen Reservisten und vom Beruf her Volljuristen in ausgerechnet solch ein Amt? Sind hohe Ämter allesamt schon durchs Parteibuch zu erfüllen? (Genügt’s, ein Denkmal zu enthüllen, dass einer sich schon Künstler nennt?) Braucht’s Fertigkeit nicht und Talent, und ganz spezielle Fähigkeiten? - Wir gehen weiter jetzt zum zweiten von drei Exempeln, es berührt den Kernbereich, an dem man spürt, woran wir heut’ in Deutschland kranken: „Gesundheit“ ist’s! Sie weckt Gedanken an Pflege, Ärzte, Chirurgie, vielleicht auch Kur und Pharmazie ... Will einer hier politisch glänzen, dann braucht er also Kompetenzen als Apotheker, Pflegekraft, als Arzt mit Kunst und Leidenschaft. Auch Praxis in Spitalverwaltung wär’ hilfreich für die Ausgestaltung des Amts in diesem Sachbereich. Drum scheint es doch ein Bubenstreich, wenn eine Frau der Pädagogik, ganz ohne Sinn und ohne Logik, nur weil parteilich sie vernetzt das Ministerium besetzt, zu dem ihr Zeug und Zeugnis fehlen! Auch hier - man kann es nicht verhehlen! - ward sozusagen über Nacht die falsche Frau ins Amt gebracht, das leidende Gesundheitswesen mit Unverstand und hartem Besen nach Strich und Faden durchzukehren, dort jeglicher Vernunft zu wehren und das System durch Sparen, Sparen ... schlussendlich an die Wand zu fahren - wir stehen heute kurz davor! - Das Beispiel drei führt ins Ressort der Universität und Schule. Hier sitzen auf dem höchsten Stuhle nun eben nicht, so wie man meint und wie es sinnvoll uns erscheint, ein Lehrer oder Pädagoge, Erzieher oder Psychologe - hier sitzt Juristin und Jurist! Wenn das jetzt nicht die Krönung ist von Unvernunft und Amtsverhöhnung? Braucht’s nur den Hintern mit Gewöhnung fürs lange Sitzen? Ist’s egal, was einer lernt, wofür er mal sein Hochschulstudium absolvierte? Wenn das noch weiter eskalierte, dann säße als Minister wohl der „Bock als Gärtner“, statt beim Kohl, in allerhöchsten Amtsgeschäften. - Wir sind soweit: Wer will entkräften, dass manches schief im Staate läuft! In hohen Ämtern sitzt gehäuft, wer dort nun wirklich nichts verloren! Mir scheint es mehr als unverfroren, wie überdeutlich man hier zeigt, wie man im Staat die Leiter steigt und dass selbst noch die Nieten steigen, sofern sie ein Parteibuch zeigen, das nur die rechte Farbe hat. Hier findet lang schon etwas statt, was für die Qualität verderblich: Parteiintern sind Ämter erblich und niemand fragt nach Profession! Da zeigt sich eine Zukunft schon, in der es auch im Allgemeinen kein Sein mehr gibt, nur noch ein Scheinen: Wer Tiere liebt, wird Vet’rinär, wer lesen kann, ist Sekretär und als Professor wird schon gelten, wer auch noch schreibt - was sicher selten! Und Lehrer, Lehrerin ist dann, wer flott bis Hundert zählen kann. Im Handwerk aber wird’s noch dreister, hier gilt der Lehrling schon als Meister. Der Dichter schließlich kommt zum Schluss, weil dieses Werk jetzt enden muss: Als ein Poet wird schon gesehen, dem Reime von der Zunge gehen wie Zaun mit Baum und grob mit Topf. - Man sagt, der Fisch stinkt stets vom Kopf, ich glaube, wer dies sagt, liegt richtig! Die Änd’rung oben (!) wäre wichtig, denn darauf zielte die Kritik. Ich nenn’ es „Euter in Aspik“, wenn Menschen grob nach Ämtern fassen, die niemals, nie zu ihnen passen. Es sieht doch wirklich jedes Kind, dass Euter keine Haxen sind! Manfred Günther Längs und quer zur Zeit - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 08