Frohe Ostern! (Gedanken zum Kern des Eierfests) Das Kläuschen aus der 3. Klasse gehört rein schulisch in die Masse der Christen und als solches hat das Kind „ev.“ im Datenblatt, was von „katholisch“ unterscheidet, die Klasse spaltet und zerschneidet, ein Fakt, der mittwochs von Gewicht, denn da ist „Reli“-Unterricht, doch der fragt nicht nach „Religionen“. Man teilt vielmehr nach Konfessionen, was nicht nur Kläuschen nicht versteht. Auf jeden Fall, am Mittwoch geht die halbe Klasse zu Herrn Huber, die andern sind bei Pfarrer Gruber, nur Kläuschens bester Freund Nadim geht auf den Hof - er ist Muslim! - Soviel einmal zur Vorgeschichte. Noch eins, bevor ich weiterdichte: Sowohl Nadim als auch Klein-Klaus sind beide von zu Hause aus recht gut und tolerant erzogen. Und trotzdem wäre es gelogen, wenn wir behaupten, jeder sei von allen Vorurteilen frei - sie sind es religiös mitnichten! Doch lasst mich dazu euch berichten. - Gründonnerstag: Es ist soweit, es naht die liebe Osterzeit! Am Ende schon der dritten Stunde schallt durch die Schule frohe Kunde, die jeder gern sich sagen lässt: „Habt dicke Eier, frohes Fest!“ Minuten später kann man sehen, wie alle Kinder heimwärts gehen, auch unsre Beiden mittendrin. Da kommt dem Kläuschen in den Sinn, Nadim, den Freund, etwas zu fragen: „Ich wüsste gern, kannst du mir sagen, was ihr denn über Ostern macht, so als Muslime?“ Kläuschen lacht und fügt hinzu: „Versteckt ihr Eier und bringt der Hase was zur Feier?“ Jetzt sagt Nadim: „Damit du’s weißt, wir sind ab Morgen früh verreist und kommen wieder in zwei Wochen, grad eh’ die Schulzeit angebrochen ... und an den Hasen glaub’ ich nicht!“ Nun wieder Klaus - mit Schelmgesicht: „Dann kann ich eines nicht begreifen: Wenn Moslems doch auf Ostern pfeifen, auf Fest und Nest und Ei-Versteck, was ist denn dann für euch der Zweck der Ferien und der Feiertage?“ Darauf Nadim: „Ich geb’ die Frage jetzt gleich an dich, mein Freund, zurück: Ist das für euch das Osterglück, im Garten Eier zu verstecken? Was soll denn bitte das bezwecken und was nur, sei mir jetzt nicht bös’, ist daran christlich, religiös? Sind Hasen, Nester voll mit Eiern für Christen denn ein Grund zum Feiern?“ Das macht bedenklich. Kläuschen schweigt, wobei sein Blick ganz deutlich zeigt, Nadim (die Wunde war schon offen!) hat mit der Frage gut getroffen! Inzwischen ist man jetzt am Ort, an Kläuschens Haus. Der spricht kein Wort und lässt, bevor sie sich nun trennen, indem er schweigt ganz klar erkennen: Es knirscht sein Hirn gedankenvoll, doch weiß nicht, was es denken soll! - Gründonnerstag: Beim Abendessen hat Klaus die Frage nicht vergessen, die ihm Nadim zuletzt gestellt: Was feiert denn die Christenwelt im Hintergrund der Osterbräuche? Warum nur schlägt man sich die Bäuche mit Eiern voll und spricht sich dann auch noch mit „Frohe Ostern“ an? Was ist denn „froh“ wenn Bäuche schwellen? Das kann Papa bestimmt erhellen, der ist doch schlau und weiß auch meist, woher was kommt und was es heißt. Der Vater kaut am letzten Bissen, da fragt das Kläuschen: „Ich will wissen, was denn der Sinn von Ostern ist? Mein bester Freund, Nadim, vermisst am Osterfest das Religiöse.“ Schon zeigt der Vater das nervöse Zuck, Zuck im rechten Augenlid, an dem man seinen Ärger sieht und dass um Antwort er verlegen und kurz davor sich aufzuregen ... Das tut er jetzt: „Der Türkensohn, fragt uns nach unsrer Religion? Wir lassen uns doch unsern Glauben von einem Muselmann nicht rauben! Das sag’ ihm und jetzt ist es Schluss, weil ich noch etwas richten muss, für Sonntag, weißt du, für die Feier!“ - Soweit für heut’! Wer hebt den Schleier der weiter über Ostern liegt? Nicht Kläuschen nur, so mancher kriegt die österlichen Kerngedanken, die sich ums Religiöse ranken vor lauter Eiern nicht mehr mit: Dass einer starb und einer litt für dich und mich in Kreuzesbanden und dass er wieder auferstanden! - Wer’s wissen und wer’s feiern will, der werde über „Markus“ still: des Buches letzte drei Kapitel. Karfreitag gibt’s ein zweites Mittel, mit noch viel größerem Ertrag: Den Gottesdienst zum Feiertag! Manfred Günther Längs und quer zur Zeit - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 02