Leichte Diät Wilhelm und Marlen haben abgenommen So mancher trägt an schweren Lasten an Po und Bauch und möchte fasten und fragt sich, wie er schnell und leicht, die Lasten zu verlier’n erreicht: vier oder fünf in Kilozahlen und möglichst ohne Hungerqualen und bitte so, dass er am Schluss, sich länger nicht bemühen muss, das, was er wiegt, dann auch zu halten. Um hier die Antwort zu entfalten, geb’ ich gleich Wilhelm S.* das Wort. Er wohnt in meinem Nachbarort und hat mich gestern angesprochen: Er hätte in den letzten Wochen mit Frau Marlen Diät gemacht, die hätte wirklich was gebracht, er könne wärmstens sie empfehlen! Ich konnt’ es leider nicht verhehlen, dass ich nicht glaubte, was er sagt, drum hab’ ich bei ihm nachgefragt: „Mein lieber Wilhelm, ich verstehe nun gar nicht, wenn ich dich so sehe, was die Diät bei dir erreicht? Gewiss, der Eindruck trügt uns leicht, doch wirkst du heute so wie neulich!“ „Das eben ist ja so erfreulich, es war die reinste Wunderkur“, meint Wilhelm jetzt. „Drei Wochen nur und ohne Mühe und Beschwerden am Ende dann noch leichter werden, fünf volle Kilos sind’s bei mir und bei Marlen so um die vier!“ Ich hake ein: „Wie soll das gehen und warum ist es nicht zu sehen?“ Jetzt hab’ ich Wilhelm auch soweit, er klärt die Sache lang und breit: „Zuerst: beim Essen, ohne Wiegen, kann jeder, was er möchte kriegen, so fett und auch so viel er mag. Das dauert bis zum elften Tag, danach geht’s endlich auf die Waage: Du siehst, wie viel die ersten Tage bis hier an Zugewinn beschert. Und das ist dann genau der Wert, den’s gilt, nun wieder in bequemen zehn weit’ren Tagen abzunehmen. Du glaubst ja nicht, wie leicht das fällt, wenn jeder jetzt so viel erhält, wie er schon vor der Kur gegessen. Wenn wir am Ende uns dann messen, ergibt sich, das ist wunderbar, es ist so, wie es vorher war und doch, du hast Gewicht verloren und fühlst dich so wie neu geboren! Die Kur gefällt bestimmt auch dir! Ich kann nur raten, mach’s wie wir!“ Soweit der Wilhelm. Sind das Possen? Ich weiß nicht recht, bin unentschlossen, weil diese Kur, wenn sie gelingt, ja eigentlich nichts Rechtes bringt? Doch bin ich ehrlich, will mir’s scheinen, dass viele Menschen heute meinen, dass man, wie’s Wilhelm uns erklärt, am besten selber auch verfährt: Sodass man kurz bevor man fastet, sich kräftig noch einmal belastet, damit man, wenn die Kur beginnt den alten Zustand leicht gewinnt und sagen kann: „Hab’ abgenommen!“ - Wir sind am Ende angekommen. Von einer Kur mit Hungerqual, hört ihr von mir beim nächsten Mal! Manfred Günther * Die Namen sind frei erfunden! Der Karl, die Frieda und die andern... - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 91