Kirchgang (Teil 1) Warum sich viele Männer und Frauen enthalten? Die Leser denken gleich, der Dichter erhebt sich heute wohl zum Richter, wobei er Christen allesamt, die nicht zur Kirche geh’n verdammt, der Dichter ist ja schließlich Perner*! Nichts, liebe Leser, liegt mir ferner! Im Gegenteil, ich hätte gern, dass ihr den wahren Grund, den Kern, versteht, warum sie sich enthalten und sonntags kirchlich nicht entfalten. Es ist nicht so, wie ihr wohl meint und anders, als es euch erscheint! Die Männer** etwa sind nicht gerne am Sonntag in der Kirchenferne. Sie bleiben zwar in ihrem Haus, doch lieber gingen sie hinaus, zur Kirche hin, um mitzusingen, dem Himmel ihren Dank zu bringen und Kraft zu schöpfen aus dem Wort und mit den Menschen aus dem Ort zu feiern, loben und zu beten... Ihr fragt zu Recht, warum nur treten die Männer, die das wollen, dann nicht wirklich in der Kirche an? Ein Faktum, das auch ich beklage! - Hier ist die Antwort auf die Frage, die so ist, wie ihr’s nie gedacht: Ein Gen, das nur der Mann hat, macht dass Männer sonntags Läutezeichen von ihrer Kirche nicht erreichen - das Gen macht taub für die Frequenz der Glocken, was die Abstinenz in Sachen Gottesdienst begründet. Versucht der Mann es doch, dann mündet der Kirchgang oftmals irgendwo, vielleicht im Dorfkrug oder so, am Angelteich, auf Fußballplätzen... Drum seid gewiss, ein Mann wird’s schätzen, wenn einer, der das Gen nicht hat, am Sonntagmorgen ihn anstatt zum Sportplatz in die Kirche leitet. Habt ihr dreimal ihn hin begleitet, ist meist das schlechte Gen besiegt. - Bei Frau’n**, wo vieles anders wiegt, geht’s auch um anderes gewöhnlich. Bei ihnen liegt der Fall „persönlich“, das heißt (die Leser ahnen’s schon!), die Frau fragt nach der Amts-„person“ der Pfarrer oder Pfarrerinnen. Kann deren Predigt sie gewinnen, ist wohl ihr Gruß, ihr Lächeln echt? Sind sie gefällig und gerecht und halten sich zu den Geringen? Und deckt die Tat, die sie vollbringen, das fromme Wort aus ihrem Mund? In diesen Dingen liegt der Grund, warum sich Frauen dann entziehen und oft für lange Jahre fliehen vor Kirche und Gemeindekreis. Ein kleiner Satz nur war Beweis, das harte Urteil zu belegen und einen tiefen Groll zu hegen auf alles, was da „Kirche“ heißt, für Jahre und Jahrzehnte meist, denn früh’res Urteil revidieren, gilt oft als „das Gesicht verlieren“, So bleibt halt alles, wie es ist. - Wenn ihr, die Leser, das jetzt wisst, wär’s gut, statt lamentier’n und klagen, besagten Frauen das zu sagen: Es täte gut nach einer Zeit, ihr wär’t für „Kirche“ neu bereit! Vielleicht ja ist es euch entgangen, auch kirchlich hat’s neu angefangen: ein personeller Neubeginn mit Pfarrer oder Pfarrerin. Dem oder der ihr damals grolltet und nie mehr je begegnen wolltet, hat sich nach oben profiliert, ist längst gestorben, pensioniert, in jedem Falle unterdessen in der Gemeinde längst vergessen so wie ein Schatten, der verblich. - Für nächstes Mal, verspreche ich, es geht in Sachen Kirchgang weiter. Ihr hört - dabei wird’s wieder heiter! - was außerdem noch einen Mann, am Gang zur Kirche hindern kann. Manfred Günther * Perner = oberhessisch: Pfarrer ** nicht alle Männer, nicht alle Frauen sind gemeint Der Karl, die Frieda und die andern... - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 81 Der Karl, die Frieda und die andern... - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 81