Eheliche Pflichten (Teil 1) Aus einer Hochzeitsrede - an die Braut Ich war vor Tagen eingeladen nach Schlitz* zu einem Kameraden mit Namen Hans*, er hat mit mir studiert, drei Jahre oder vier, doch sind wir heute noch verbunden. Ich hab’ in Schlitz mich eingefunden, weil Hochzeit von Angela* war mit Mirko*. Hans hielt dann dem Paar im Gasthaus „Schwanen“ eine Rede. Die war durchaus nicht so wie jede, vielmehr von or’gineller Art, bei der sich Witz mit Weisheit paart, gereimt und inhaltlich recht heftig, vom Thema her auch ziemlich deftig... Doch lest jetzt selbst, was Hans gesagt. Hier ist sein Text (- ich hab’ gefragt!): „Vom Vater wird mit Recht erwartet, dass der, wenn eine Ehe startet, die Braut in allem unterweist, was ‘Ehepflichterfüllung’ heißt. Nur frag’ ich mich: Wie soll das gehen? Gibt’s Bücher, wo die Dinge stehen? Schrieb einer einen Knigge schon für Tochter oder Schwiegersohn? Und wenn? Gilt nicht ein Buch gewöhnlich für diesen Zweck als unpersönlich? Und schreib’ ich’s selbst, dann mach’ ich mich womöglich ziemlich lächerlich: Wie wird denn das wohl aufgenommen, wenn die bestimmten Sachen kommen, die heikel und sensibel sind? Und doch, ich möchte meinem Kind schon gerne für sein Eheleben, ein wenig Hilfestellung geben, damit’s von Fehlern unbeirrt mit Mann (und Eltern!) glücklich wird! Was also, war die erste Frage, ist wohl die Form, in der ich’s sage und dann, das war die Frage zwei, wer steuert die Erfahrung bei und trennt verlässlich das, was wichtig, von dem was äußerlich und nichtig? Kurzum, ich hab’ es so gemacht: Ich hab’ in Vers und Reim gebracht, was ich bei Freunden und Bekannten und über zwanzig Anverwandten als Auskunft und als Rat gehört. Wenn jetzt was stört und euch empört, dann dürft ihr gern von mir erfahren, wer jeweils denn die Leute waren, die dies als Pflicht der Bräute seh’n und hinter ihr als Autor steh’n. - Schon fängt es an. Hier ist die erste der Pflichten und noch nicht die schwerste: Es ist doch so und jedem klar, dass ich Angelas Traummann war, an dem - es führt ins Unbewusste - sich Mirko messen lassen musste als Mann, als Mensch, charakterlich! Weil’s halt so ist, drum meine ich: Hab’ ich als Muster eines Mannes, so treu und lang gedient, dann kann es in Zukunft wohl nicht anders sein, Angela bringt sich dankbar ein, indem sie heute sich verpflichtet und künftig täglich mir berichtet, was sie so tut und wie’s ihr geht und wie’s um die Gesundheit steht, vor allem aber, was die Sachen bezüglich Enkelkindern machen... Der Tochter Pflicht, des Vaters Lohn wär’ also In-for-ma-ti-on, damit in allen Wechselfällen er Zeit hat, um sich einzustellen, auf dass nicht einfach über Nacht man plötzlich ihn zum Opa macht, wovon er vorher kaum was ahnte. Wird bald konkret das lang Geplante, erfahre ich’s als Nummer zwei... in Ordnung, Mirko... Nummer drei! Die zweite Pflicht, wird sich ergeben aus dieser ersten Pflicht von eben: Ist bald bei euch ein Kind im Haus (vielleicht gar zweie, Ei der Daus!) dann ist, es gilt schon als versprochen, in allen ungeraden Wochen, das Kind einmal bei uns zu Gast, gern mit den Eltern, wenn es passt, doch, Achtung!, ist das Kind alleine, dann bitte, zieht dem Kleinen eine noch ungebrauchte Windel an, in der es viel verstauen kann, sodass mit Säubern, Renovieren wir möglichst keine Zeit verlieren. - Hier kommt Angelas dritte Pflicht: Es geht um Papas Leibgericht, sowie dann zum Kaffee den Kuchen. Ich bin für einen Kurs zu buchen, bevor man uns zum Essen lädt! Sind wir erst da, dann ist’s zu spät: Die Pizza ‘Papa’ wird misslingen! Und soll der Kuchen Freude bringen, dann muss es „Maulwurfstorte“ sein, die nämlich schmeckt besonders fein, natürlich nur mit guter Butter gemäß dem Hausrezept der Mutter! - Soweit für jetzt in Wort und Schrift, was unser Kind, die Braut, betrifft und ihre ‘ehelichen Pflichten’. Ich geh’ jetzt noch ein wenig dichten und trag’ euch später mit Humor die sieben Pflichten Mirkos vor!“ Das war der erste Teil der Rede, die, wie ihr spürt, nicht ist wie jede! Für nächstes Mal heißt’s im Programm: „Die Rede an den Bräutigam!“ Manfred Günther * Eigennamen und Ortsnamen verändert! Der Karl, die Frieda und die andern... - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 71