Reservierungen (Teil 1) oder: Sportliche Aktivitäten in der Therme Als Karl und Frieda jüngst zum Kuren ins bayrische Bad Füssing* fuhren, war dort im schönen Thermenort gerade Hochsaison beim Sport, in dem der Deutsche zweifelsohne der Träger ist der Siegerkrone. Denn keiner sonst in dieser Welt (das ist auch amtlich festgestellt!) kann so wie er ganz ohne Zieren für sich alleine reservieren, was allen andern auch gehört. - Bevor der Leser sich empört und meint, der Dichter übertreibe... lest hier, wenn ich jetzt weiter schreibe - fast wortgetreu nach Karls Bericht verreimt, gefasst in ein Gedicht - was er und Frieda selbst erfahren, als sie in Füssings Therme waren und glaubt, was fast unglaublich ist: „Zunächst, sofern ihr’s noch nicht wisst, zur Thermenkur gehört Bewegung des Körpers und die Herzerregung - nur immer viertelstundenlang! So folgt auf einen flotten Gang in Sprudel, Schwefelbad und Wärme die Ruhezeit am Rand der Therme, wo viele hundert Liegen steh’n. Doch will man liegen, wird man seh’n, sie sind nicht unbelegt, nicht eine! Zwar sieht man Menschen meistens keine und doch, die Liegen sind nicht frei! Ihr hört das jetzt und fragt dabei: Wie nur belegen Leute Liegen, die sie zuvor nicht auch bestiegen? Die Lösung, denk’ ich, ahnt ihr schon: Ein Handtuch hält statt der Person auf jedem Liegestuhl die Stellung. Es reicht von oben bis zur Schwellung des Stuhls, gemacht für unsern Po. Meist sind die Tücher farbenfroh: Rot, gelb, gemischt, auch grüne, blaue, ganz selten sieht man schwarze, graue... Man setzt ja schließlich ein Signal: ‘Der Stuhl ist ein für allemal nur von mir selber zu belegen!’ Man fragt, wobei wir uns erregen: Darf so etwas denn wirklich sein? Die Antwort ist ein klares Nein! Man muss die Thermenleitung loben: Ein Schild auf jeder Liege oben, sagt jeder Frau und jedem Mann und jedem Kind das lesen kann: ‘Die Reservierung ist verboten!’ Jedoch, den vom Verbot Bedrohten, ist nichts von diesem Schild bekannt! Ihr Handtuch nämlich überspannt von morgens acht bis abends sieben, das Schild und was darauf geschrieben. - Hier kommt noch praktisch und konkret ein Tipp, wie Reservierung geht, damit ihr - wie die andern alle - demnächst im Thermenurlaubsfalle, beim Reservier’n nicht unterliegt, stattdessen eine Liege kriegt, um euer Handtuch auszubreiten: Ganz wichtig ist, ihr kommt beizeiten, vielleicht so gegen zehn vor acht? Wird dann die Therme aufgemacht, dann gilt’s, der Mitbewerber Mengen von freien Liegen abzudrängen, um dann mit Tüchern auf ein Mal (nach der Familiengliederzahl) drei, vier der Liegen zu bespannen. Danach geht man beruhigt von dannen: Für heute gilt: Das Tuch liegt auf! Und legt man sich auch selbst nicht drauf, so kann, um auch mal dort zu liegen, die Liege auch kein andrer kriegen (- was klar sich auch für Thermen lohnt, weil es die Liegestühle schont)!“ Soweit der Karl. - Es bleiben Fragen und zweie will ich hier noch sagen: Wann wird wohl „Liegen überzieh’n“ zur echten Wettkampfdisziplin der großen Sommer-Olympiade? Und dann: Wär’s denn nicht jammerschade, es gäb’ nicht bald an jedem Ort das „Reservier’n“ als Breitensport? Manfred Günther * Bad Füssing steht hier für viele andere Orte, an denen das „Liegen reservieren“ trainiert wird! Der Karl, die Frieda und die andern... - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 64