Gürtel oder Hosenträger oder: eine Frage von Gewicht Der Karl in seinen jungen Jahren, als Bauch und Po noch knackig waren, hat damals oft bei sich gedacht: Warum ein Mann nur sowas macht, statt sich mit Gürtel aufzuputzen, ‘nen Hosenträger zu benutzen. Ist solch ein Ding denn nicht ein Graus? Und sieht es nicht besch...eiden aus, wenn bei den Männern, selbst bei alten, die Hosen nur durch Träger halten? Wer gilt denn noch als toller Hecht, zeigt er dem anderen Geschlecht (bei Wärme) im Entblätt’rungsfalle nicht eine blanke Gürtelschnalle, vielmehr nur Hosenbund und Hemd und solch ein Ding, das seitlich klemmt, gemacht, der Hose Halt zu geben und bis zum Brustbein anzuheben? Ein Anblick, der den Mann entstellt und der missfällt der Damenwelt, sodass, man kann es wohl so sagen, die Männer, die ‘nen Träger tragen, von Heirat, Ehe, Frau und Kind fast immer ausgeschlossen sind. Denn Frauen sind nicht zu beglücken, wenn Männer sich mit Trägern schmücken. So war für Karl schon damals klar, dass er der Typ für Gürtel war. So schwor er (auch als Schürzenjäger!), auf ewig ab dem Hosenträger! - Heut’ liegt für Karl die Jugend weit! Es gingen vierzig Jahre Zeit ins Land und haben die Gedanken, die sich um Hosenträger ranken, längst eines Besseren belehrt und seine Meinung umgekehrt. Statt Hosenträger zu verneinen, trägt er schon lange selber einen, der Gürtel aber ist verbannt! Ihr fragt, warum? Er hat erkannt, im Alter ist nicht mehr die Frage, was ich an Bauch und Hüfte trage, es geht vielmehr um sich’ren Halt! Ab vierzig wechselt die Gestalt des Mannes meist von schmal zu dicklich. Dann ist ein Gürtel zwar noch schicklich, doch leider, leider nicht für lang: Kaum umgeschnallt, wird’s einem bang: Wann wird er wohl nach unten flutschen? Des Bauches Wölbung lässt ihn rutschen, die Schwerkraft hilft, sofern man steht, dass alles Richtung Boden geht. Am Schluss des Falls hängt ziemlich lose kurz vor der Wade dann die Hose. Da hilft auch nicht, dass wenn sie sinkt, die schicke Gürtelschnalle blinkt, es bleibt ein Bild von Scham und Jammer! Hier rettet eines Trägers Klammer, gibt auch am Bauch, das ist der Witz, dem Beinkleid einen festen Sitz, was lange Hemden leicht verdecken und Pullis, Westen gut verstecken. - Bevor die Hose er verliert, hat Karl sich also arrangiert mit Träger, Weste, langen Hemden. Die Frage bleibt: Gibt’s kein Befremden bei Damen, die der Karl als Mann nun nicht wie früh’r betören kann? Ach, was! Der Karl lebt lang in Ehe und Frieda hat, wie ich es sehe, an Bauch und Klammern sich gewöhnt! „Nicht dass der Träger Karl verschönt“, meint Frieda wohl, wenn wir sie fragen. „Doch andrerseits, ich kann nicht klagen! Des Hosenträgers Haupteffekt ist, dass er kein Int’resse weckt an meinem Karl, bei andern Frauen! Bei solchen, die nach Männern schauen, ist einer, wie mein Karl, Tabu!“ Dann fügt die Frieda noch hinzu (mit Augenzwinkern und Gekicher): „Der Karl - mit Träger! - ist mir sicher! Das Ding ist Treuegarantie! Doch hoff’ ich, er begreift das nie!“ Manfred Günther Der Karl, die Frieda und die andern... - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 60 Der Karl, die Frieda und die andern... - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 60