Alarm! oder: Vorbereitung eines Besuchs Heut’ waren schon ab sechs Uhr dreißig der Karl, die Frieda ziemlich fleißig; es scheint, da steht etwas bevor! Die Frieda wirkt im Korridor: Verklebt die Türen der Kommoden, belegt mit Packpapier den Boden, versperrt von außen den Abort und hängt darauf den Schlüssel fort. Verstaut dann Nippes, Tassen, Teller aus Porzellan in ihrem Keller und sämtliches Metallbesteck. Dann schließt sie alle Gläser weg, die Kannen, Vasen und die Schalen. Danach wird das, womit man malen und schmieren kann an Schrank und Wand (zum Beispiel Kulis) noch verbannt im Schlafraum unter der Matratze! Die Minka, Friedas alte Katze, wird samt dem Körbchen für die Nacht jetzt in den Heizungsraum verbracht, dort kann sie nichts von oben hören und niemand wird beim Schlaf sie stören. - Inzwischen ist auch Karl soweit: Er schaffte schon geraume Zeit als Fachmann für „Geräteschonung“ im „technischen“ Bereich der Wohnung: Der Sat-Empfänger steht nicht mehr, der Platz vom Radio ist leer. Kein Fernsehapparat zu sehen und auch kein Knopf, daran zu drehen, kein Schalter, den man drücken kann... Und sieht man sich die Wände an, entdeckt man, es ist kaum zu glauben, statt Schuko-Stecker kleine Hauben als Sicherung vor Blitz und Schlag. - (Wie seltsam ist doch dieser Tag, ein Treiben wie in schlechten Träumen!) Doch weiter geht’s in allen Räumen: Die Frieda hängt die Spiegel ab. Der Karl, inzwischen ziemlich schlapp, bringt sie hinaus in die Garage. Der Weg zur oberen Etage wird mittels Leiter jetzt verstellt. Dass nichts auf die Keramik fällt (und die zerschellt!) und gegen Flecke legt Frieda Kissen jetzt und Decke in Badewanne und Bidet. Zum Schluss wird noch das Kanapee zum Schutz vor Butter, Fett und Sahne mit einer alten Plastikplane von grüner Farbe eng verhüllt. Fast ist nun auch der Plan erfüllt, die letzten Dinge, die noch bleiben, sind etwa siebzehn Fensterscheiben, doch zieht jetzt Karl, es geht im Nu, noch überall den Vorhang zu und endlich, endlich ist man fertig und dem, was morgen kommt, gewärtig. - Doch merk’ ich wohl, dass ich zum Schluss jetzt noch das Rätsel lösen muss: Was „kommt denn morgen“, wollt ihr wissen? Wofür die Planen, Decken, Kissen? Warum hängt Karl jetzt fast am Tropf und Frieda hat den roten Kopf? Hier ist die Antwort auf die Frage: Es klärt die Lage, wenn ich sage: Klein-Tinchen kommt, das Enkelkind! (Wer Enkel hat, weiß wie sie sind!) Manfred Günther Der Karl, die Frieda und die andern... - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 34