Anrufbeantworter - Teil 1
Auch Geräte können missbraucht werden!

Wer früh’r per Telefon verbunden,
hat oft und gerne drei, vier Stunden
schon morgens früh und in der Nacht
den Kupferdraht zum Glüh’n gebracht

und das trotz ziemlich hoher Preise!
Heut’ zahlt man nicht minutenweise,
wir haben eine Flatrate* meist,
was für uns Endverbraucher heißt,

wir müssen einen Festpreis blechen,
drum ist’s egal, wie lang wir sprechen. 
Ein Fakt, der wohl, so denkt man sich
der Rededauer förderlich.

Doch weit gefehlt: Wenn’s heute bimmelt,
wird das Gespräch gern abgewimmelt. 
(Es scheint, die alte Redelust
wich mit der Zeit dem Redefrust.)

Wie man das macht, ist schnell erraten:
Es gibt da einen Automaten,
den einer lange schon erfand,
im Volksmund kurz „AB**“ genannt.

Gebraucht zunächst in großen Firmen,
sich gegen Störung abzuschirmen,
benutzt ihn heut’ fast jedermann.
So kommt es, rufst du Frieda an,

dann hörst du: „Leider nicht zu Hause!“
Bei Karl erfährst du: „Ich mach’ Pause!“
Am Ende heißt’s, das kennt man schon:
„Die Nachricht, bitte, nach dem Ton!“

Doch kam der Ton, denkt man: Von wegen!,
und macht sich dran, rasch aufzulegen,
denn angenehm ist uns das nicht,
wenn nur der AB mit uns spricht. -

Soweit schon mal. Jetzt wird es praktisch,
denn so ein AB wird oft taktisch
so eingesetzt, dass er uns prellt:
Nicht selten ist er eingestellt,

dass er die Rufe wirklich alle
entgegennimmt, in jedem Falle,
sich also meldet und so tut,
als wären Walter oder Ruth

im Augenblick nicht selbst empfänglich
und drum der AB unumgänglich.
Der aber ist mit Schaltung „laut“
mit seinem Wächteramt betraut:

So hört man mich, doch kann entscheiden
und das Gespräch mit mir vermeiden,
wobei ich dann noch denk’, aha!,
die Ruth, der Walter ist nicht da!

Die aber sitzen am AB
und sagen grade: „Ach, herrje!
Schon wieder der, welch eine Qual!
Ich geh’ nicht dran, der kann mich mal!“ -

So ist der Zweck, das muss man sagen,
des AB’s heute umgeschlagen
in das, wofür er nie gedacht:
War vom Erfinder er gemacht,

die Kommunikation zu steigern,
hilft er, sie heute zu verweigern.
So wird des AB’s Sinn vermehrt
ins blanke Gegenteil verkehrt. -

So viel für heute, bald geht’s weiter
und wird dabei auch noch recht heiter!
Bis dann! (Und lasst, seid ihr zu Haus’,
in Zukunft euren AB aus!)

Manfred Günther
	
	* Flatrate - sprich: Fläträit = Mit Kostenpauschale unbegrenzt telefonieren
** AB = Anrufbeantworter
Der Karl, die Frieda und die andern... - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 18
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