Zum Advent (Tipp 1) Es hat vor Tagen Post gegeben: Zwei gute Tipps für unser Leben in der Advents- und Weihnachtszeit. Ich bin natürlich gern bereit, für die Verdichtung und Verbreitung der Tipps in dieser Tageszeitung. Der erste Brief kommt heute dran, er spricht besonders Frauen an. (Der zweite Tipp, man kann sich’s denken, wird unsre Blicke darauf lenken, was mehr die Männerwelt betrifft. Dann heißt „Tipp 2“ die Überschrift.) Von Meta Schnuckel* kam ein Schreiben: Sie wolle ja nicht übertreiben, doch nehme ihr Hans-Ottokar so kurz vor Weihnacht jedes Jahr durch Plätzchen, Stollen, Nüsseknacken an Hüften, Bauch und Hinterbacken rund sieben volle Kilos zu! Doch zuzunehmen sei Tabu für ihren lieben Mann, er hätte schon übers Jahr genügend Fette und „Kohl-Hydrate“ und „-Sterin“. Wie aber, fragt sie, bremst man ihn, wenn im Advent die Plätzchen locken, die Haselnüsse, Kokosflocken ...? Sie wäre ja und das ist dumm, nicht stets um ihren Mann herum, um ihn vom Naschen abzuhalten. Sie müsse auch als Hausfrau walten und ginge täglich einmal aus. Doch kaum verlasse sie das Haus wär’ ihr Hans-Ottokar am Teller! (Schon lange ist der Platz im Keller, an dem das Naschwerk einst versteckt, durch seine Schnüffelei entdeckt.) So wiege er - als kleiner Rentner! - inzwischen zweidreiviertel Zentner, das wär’ nun wirklich nicht gesund! Auch läge hier genau der Grund für ihren Brief, den sie mir schriebe. Man könne ja, bei aller Liebe, den Mann - er hätte Atemnot und wäre stark vom Schlag bedroht! - nicht der Gefahr der Leibesmassen durch seine Fresssucht überlassen! Doch hätte sie in diesem Jahr - die Wirkung wär’ ganz wunderbar! - durch Denkarbeit sehr vieler Stunden die Lösung des Problems gefunden und glaube, gut wär’ sicherlich, sie bliebe damit nicht für sich, vielmehr: das soll’n auch andre lesen, was denn ihr Denkertrag gewesen, der jetzt vereitelt, dass er frisst, wenn Ottokar alleine ist. Hier kommt aus Metas eignem Munde das Denkergebnis jener Stunde, in der sie mittels viel Verstand die Bremse für die Naschsucht fand; ich will aus ihrem Brief zitieren: „Frisst so ein Mann, dann hilft kein Zieren, denn von allein hört der nicht auf! Auch stoppt kein Wort des Naschens Lauf, kein Bitten, Zetern oder Schimpfen. Gebäck mit Dulcolax** zu impfen bringt zwar Erfolg, doch unbequem, auch für uns selbst nicht angenehm sind dann im Klo die Scherereien. Senf statt Gelee lässt kräftig speien, doch rasch hat’s unser Mann heraus und liest, was senfgefüllt ist, aus. (Auch droht Gefahr, wenn Enkel kommen! Schnell hat ein Kind von dem genommen, was für den Opa präpariert!) Hier kommt, was wirklich funktioniert: Da Frauen, wenigstens die braven, früh auf sind, wenn die Männer schlafen, ist grad der Morgen unsre Zeit. Wenn Männe schläft, steht meist nicht weit von ihm das Glas mit der Prothese. Auf dass von Fresssucht er genese, greift man - es ist vielleicht kein Spaß - hinein ins Zahnprothesenglas ... Dann muss man sie, um Essenszwecken zu hindern, richtig gut verstecken! Am besten eignet sich bestimmt die Tasche, die man mit sich nimmt, um später damit einzukaufen. - Lasst eure Männer schnauben, schnaufen, ihr tut’s für sie, vergesst das nicht! Er wird, verliert er erst Gewicht, euch auf den Knien dafür danken! Jetzt los! Viel Mut! Kommt nicht ins Wanken! Serviert zum Frühstück Haferbrei und hinterher ein weiches Ei!“ Manfred Günther * Die Eigennamen sind erfunden ** Dulcolax - ein starkes Abführmittel Der Karl, die Frieda und die andern... - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 10