In Bedrängnis Ein Christ hat eben Staatsexamen, wozu er jetzt auch Gott beschwört: „Ach, steh mir bei, in Christi Namen!“ (Was hofft er, dass der Höchste hört!) Schon geht es los: Mit heißen Wangen schreibt er sein Wissen auf das Blatt. Dann gibt er ab; das Herz befangen: Ob er denn wohl bestanden hat? Nun muss er warten, viele Stunden... Es tagt die Prüfungskommission! Der Christ hat zum Gebet gefunden; er fleht und bangt und kniet auch schon. Die Lippen hört man leise lallen: „Ich will auch viel zur Kirche gehn und werde, dir zum Wohlgefallen, nach deinem Wort und Willen sehn! Nur lass mich heute hier bestehen! Ich bitte dich auch sonst nichts mehr. Ach, hör doch auf mein lautes Flehen!“ So spricht der Christ und atmet schwer. Dann springt sie auf, die dunkle Türe: Es tritt ein finstrer Mensch hervor... Der Christ wird blass und weitre Schwüre ziehn insgeheim zu Gott empor. Dann heißt es nur: „Wir gratulieren! Sie waren heut der beste Mann!“ Des Christen feuchte Augen stieren, ihm schwindelt, doch er fasst sich dann: Er wusst es gleich, ganz ohne Frage! Hat einer Köpfchen, gehts auch gut! Ein echter Kerl bleibt Herr der Lage; vertrau dir selbst, hab guten Mut! (Der Leser möchte jetzt noch hören, ob unser Christ den Schwur erfüllt? Er denke an sein eignes Schwören, schon ist die Antwort ihm enthüllt!) Manfred Günther 12. Februar