Hochmut Ein Christ, er zählt sich zu den Frommen, ein Mensch, der „Christus kennt und ehrt“, hält selbst die Pfarrer für „verkommen“, der „Wahrheit fern“ und „nicht bekehrt“ Er selber sitzt zu „Jesu Rechten“ (zumindest bildet er sichs ein!) und schaut hernieder auf die Schlechten: Gottlob, er darf bei Christus sein! Er ist kein „Frevler, Übeltäter“, kein gottvergessner „Atheist“, „Verleugner“ und des „Herrn Verräter“ - Gott seis gedankt: Er ist ein Christ! So trägt er gern, man kanns verstehen, die fromme Nase hoch im Wind und neigt dazu, zu übersehen, dass alle Menschen Sünder sind! Ein zweiter Christ ganz andrer Sorte gibt zu, er ist kein Glaubensheld! Er kennt nur zwei, drei Bibelworte, ist Kind der Sünde und der Welt. Was hat er alles schon gelogen, wie quält ihn manche Schändlichkeit! Er hat verletzt, bedrückt, betrogen, wie ist ihm alles herzlich leid! So ist er also - zugegeben! - grad einer, den der andre meint, der seinem frommen Nasenheben und der Verachtung würdig scheint... Doch darf der zweite Christ sich sagen, dass Jesus grade solche liebt, die schwer an ihren Sünden tragen und grade denen Schuld vergibt! Dem „Frommen“ ist noch vorzulegen: Ob Hochmut wohl für Christus wirbt? Ja, ob nicht seines Dünkels wegen der Glaube vieler Christen stirbt??? Manfred Günther