Kirmes Ein Christ, er sitzt beim Schoppen-Trinken - man hält die Kirmes grad im Ort - lässt eben seinen Maßkrug sinken, da trifft ihn eines Nachbarn Wort: Ob jemand eigentlich noch wisse, was wohl der Sinn vom Kirmesfest? Wofür das Zelt, die Fest-Kulisse, warum man sie hier trinken lässt? Der Christ, erfreut (jetzt kann er glänzen!), beginnt in sehr gelehrtem Ton: „Den Brauch mit Zelt, Musik und Kränzen gibts mehr als hundert Jahre schon! Wir feiern eine alte Dame und freuen uns, wie guts ihr geht, und wer das ist, klärt schon der Name, weil ‚Kirmes’ doch für ‚Kirchweih’ steht! Mit andern Worten, liebe Leute, wers noch nicht weiß, hört, was ich sag: Die Kirche hat Geburtstag heute, wir feiern ihren Namenstag!“ Nun schweigt der Christ. Die Leute staunen Man trägts herum von Mund zu Mund. Im ganzen Zelt ein Flüstern, Raunen... Da schallt ein Ruf im Hintergrund: „Der Mann hat Recht, ich muss ihn loben!“ (Es ist der Pfarrer, der da spricht, und alle Köpfe sind jetzt oben!) „Nun sagt mir bloß, ihr wusstets nicht? Dann wars ja, um euch aufzuklären, gerade jetzt die rechte Zeit. Ihr könnt, was ihr jetzt wisst, bewähren: Es läutet schon und ist nicht weit! Die 'alte Dame' lässt euch laden, sie hat gerade heut Empfang! Ein Gottesdienst wird euch nicht schaden, ein Stündchen bloß, das ist nicht lang. So kommt nun zu der lieben 'Alten', und keiner bleibt im Zelt zurück! Die 'Kirchweih' nur beim Bier zu halten, das wäre doch ein Bubenstück!“ Manfred Günther