Predigt zum 14. Sonntag nach Trinitatis - 21.9.2014

Textlesung: 1. Thess. 5, 14 - 18 (19 - 24)

Wir ermahnen euch aber, liebe (Schwestern und) Brüder: Weist die Unordentlichen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, tragt die Schwachen, seid geduldig gegen jedermann. Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergelte, sondern jagt allezeit dem Guten nach untereinander und gegen jedermann. Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlass, seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch. (Den Geist dämpft nicht. Prophetische Rede verachtet nicht. Prüft aber alles, und das Gute behaltet. Meidet das Böse in jeder Gestalt. Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. Treu ist er, der euch ruft; er wird's auch tun.)

Liebe Gemeinde!

Ich habe einmal nachgezählt: Es sind genau 13 Ermahnungen, die Paulus den Thessalonichern schreibt und wir könnten sie jetzt alle durchgehen und schauen, was sie den Christen damals und heute sagen wollen. Aber ich glaube, das ist zu viel für eine Predigt! Besser wäre es vielleicht, wir nähmen uns nur ein paar dieser Ermahnungen vor und würden sie in unsere Zeit, unsere Welt und unsere Gemeinde übertragen. Da bliebe am Ende sicher mehr hängen, was wir von heute mit nach Hause und in unser Leben als Christinnen und Christen nehmen können. Denn etwas von hier mitzunehmen, was uns anspornt, verändert und so werden lässt, wie Gott uns gemeint hat, ist ja der vornehmste Sinn des Gottesdienstes und besonders der Predigt. - Also sprechen wir über drei oder vier Ermahnungen, die der Apostel den Christen aus der Gemeinde von Thessaloniki ans Herz legt, die mir am wichtigsten erscheinen. Ich habe dabei solche ausgewählt, von denen ich denke, dass sie auch für uns heute beherzigenswert sind. Gehen wir dabei der Reihe nach vor:

Die allererste Mahnung, "Weist die Unordentlichen zurecht", übergehe ich dabei mit gutem Grund - obwohl es sicher interessant wäre, darüber nachzudenken, was Paulus unter "unordentlich" versteht. Aber Sie können sich vorstellen, wie unterschiedlich die Vorstellungen von "ordentlich" und "unordentlich" etwa bei unseren Konfirmanden oder bei den Eltern von zwei oder drei kleinen Kindern oder auch bei einem alten alleinstehenden Menschen wären. Da kämen wir nie auf einen Nenner. Anders ist das bei der nächsten Ermahnung, mit der ich jetzt beginnen will:

- Tröstet die Kleinmütigen! - "Kleinmütig" ist zwar ein Wort, das in unserer Sprache, namentlich der Sprache der jungen Leute, heute kaum noch gebraucht wird, aber wir verstehen doch, was das ist: "Einen kleinen Mut haben." Mit einem anderen nicht mehr so gebräuchlichen Wort könnten wir auch sagen: "Verzagt sein". Ziemlich genau und für uns alle verständlich aber treffen es diese beiden Umschreibungen: "ängstlich sein" und "die Hoffnung aufgegeben haben". Jedenfalls sollen wir Menschen, die so empfinden, "trösten" und was das ist, wissen wir auch alle. Nur wissen wir auch wie das geht?

Einer der ängstlich ist und die Hoffnung fast verloren hat, gleicht einem Menschen auf hoher vom Sturm gepeitschter See, der auf einem kleinen Schiff haltlos hin und her geworfen wird und jeden Augenblick erwarten muss, über Bord zu gehen. Solche Menschen brauchen einen Halt, an dem sie sich wieder festklammern können. Das kann eine Hand sein, die wir ihnen reichen. Das kann aber auch ein Zuspruch sein, der ihnen die Hoffnung und das Vertrauen zurückgibt. Dabei ist es klar, dass hier Worte wie "Kopf hoch!" und "Das wird schon wieder" zu wenig sind, um kleinmütige und verzagte Herzen wieder fest zu machen. Aber wenn wir hier von Trost hören und vom Trösten, dann wissen wir ohnedies woher wir Worte nehmen müssen, die wirklich Halt geben: Sie müssen aus unserem Glauben kommen und sie werden mit Gott zu tun haben. Anders gesagt: Trösten kann nur das Wort, das wir aus unserem Wissen beziehen, dass über uns ein Vater im Himmel ist, der uns liebt und der nicht will, dass wir in Angst umkommen und alle Hoffnung fahren lassen.

Die Worte des Trostes, die wir denen sagen, die in Angst sind, werden aus jedem Mund anders klingen - immer aber wird die persönliche Erfahrung dahinter stehen, die wir als Christinnen und Christen mit unserem Glauben an Gott und an unseren Herrn Jesus Christus gemacht haben.

So wird der eine dem, der in Angst um seine berufliche Zukunft ist, vielleicht sagen: "Ich glaube, dass Gott dich - was immer auch geschieht - nicht im Stich lassen wird, wenn du ihm nur vertraust. Ich musste vor Jahren auch durch ganz schwierige Zeiten gehen und hätte nie gedacht, dass aus allem, was mir damals die Hoffnung genommen hat, noch etwas Gutes werden kann. Aber es ist alles gut geworden!"

Eine andere wird die Witwe, die den frühen Tod ihres Mannes betrauert, vielleicht mit solchen Worten wieder aufrichten: "Du fühlst dich jetzt sehr allein und verlassen und die nächste Zeit wird auch sicher sehr schwer für dich werden. Aber es gibt für dich auch bald wieder ein Leben mit neuen Aufgaben, für die es sich zu leben lohnt. Und du wirst auch einmal wieder Freude empfinden. Ich war auch schon einige Male an Lebensstationen, an denen ich dachte, jetzt wäre alles aus. Aber Gott hat mir immer wieder einen Weg gezeigt, den ich gehen konnte und die Kraft dazu kam auch von ihm!"

- Die zweite Ermahnung, über die ich sprechen will, fordert etwas, was eigentlich niemand leisten kann, dem innerlich nicht danach ist, ich meine diese: "Seid allezeit fröhlich!" - Wir meinen ja immer, wir könnten nur fröhlich sein, wenn wir auch gerade etwas Schönes erleben oder wenn etwas bevorsteht, was uns große Freude machen wird. Aber dabei greifen wir zu kurz. Wir sehen nur nach dem, was gerade jetzt ist - und wir vergessen, was wir vielleicht schon seit Jahren haben und genießen durften: Dass wir in unserem Leben lange, gesunde Zeiten hatten. Dass wir einen Partner, eine Partnerin haben und nicht allein sind. Auch an unsere Kinder und Enkel, die uns Gott geschenkt hat, denken wir dann nicht mehr. Und schon gar nicht an unsere Freundinnen und Freunde und alle anderen Menschen, die uns gern haben. "Seid allezeit fröhlich!" könnte uns daran erinnern, dass dem Augenblick, in dem wir jetzt Kummer, Sorge oder Trauer empfinden, lange Jahre der Zufriedenheit, des Glücks und der Freude gegenüber stehen. Und wenn wir uns erinnern, werden uns die dunklen Tage ganz sicher nicht so schwer auf der Seele liegen.

Aber es gibt noch einen Gedanken, der uns dazu bringen will, es mit dieser Ermahnung zu versuchen: "Seid allezeit fröhlich!" Es ist auch so, dass ein fröhliches Gesicht, selbst wenn uns gar nicht nach Fröhlichkeit ist, unsere Stimmung und dann das, was wir erleben, verändern kann. Ein Lächeln auf unserem Gesicht, auch wenn uns eher zum Weinen ist, hat die Macht, Erfahrungen hervorzurufen, die uns dann wirklich - von Herzen - lächeln und fröhlich sein lassen. - Aber es ist wohl müßig, darüber nur zu reden. Man muss es ausprobieren!

- Die dritte Ermahnung, die wir keinesfalls vernachlässigen dürfen, ist diese: "Betet ohne Unterlass!" - Dabei wird uns jetzt gewiss der Zusatz: "ohne Unterlass" stören und vielleicht abschrecken. Das Gebet am Morgen und am Abend und vielleicht noch zu Tisch oder nach besonders schönen Erlebnissen wollen wir ja gern leisten. Aber "ohne Unterlass" beten, ohne Pause, ohne uns einmal für etwas anderes zu interessieren... Dazu sind wir sicher nicht bereit.

Liebe Gemeinde, wir müssen es auch gar nicht so halten! Mir hat ein Satz, den ich bei einem großen Theologen und fleißigen Beter gelesen habe, gut gefallen: "Das ganze Leben des Christen soll ein Gebet sein!" Ich verstehe das so, dass wir zwar nicht immer mit gefalteten Händen im Gebet verharren sollen, dass wir aber alles, was uns begegnet, jeden Moment unseres Lebens, bei jeder Erfahrung, die wir machen sozusagen im Hintergrund unseres Denkens, Redens und Tuns einen Blick und ein Ohr für das haben, was Gott jetzt von uns erwartet. Sehr schön können wir diese Lebenshaltung auch in die Frage kleiden, die viele Christen sich tatsächlich bei allem, was sie denken, reden und wie sie handeln stellen: "Was würde Jesus jetzt tun?" Wer diese Frage bei allem, was täglich auf ihn zukommt, im Kopf und im Herzen hat, der lebt sozusagen in ständigem Kontakt mit Gott, der "betet ohne Unterlass".

- Eine vierte Ermahnung steht jetzt mit Recht am Ende dieser Predigt. Sie rundet ab, was Paulus uns sagen will und was wir von heute nach Hause, in unser Leben, in unseren Alltag mitnehmen wollen: "Seid dankbar in allen Dingen!" - Ich glaube fest, wenn wir die ersten drei Ermahnungen nach Kräften befolgen, wenn wir "Kleinmütigen" Trost und neue Hoffnung schenken, wenn wir auch in dunklen Stunden ein fröhliches Gesicht haben, weil wir auch all die Zeiten des Glücks vor Augen haben und wenn unser Leben im Kontakt mit Gott wie ein ständiges Gebet ist, dann erfüllt uns auch Dankbarkeit und eine Freude, die sich im Glauben und Vertrauen auf Gott verlässt. AMEN