Predigt zum Ostersonntag - 20.4.2014

Textlesung: 1. Kor. 15, 19 - 28

Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind. Denn da durch einen Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten. Denn wie sie in Adam alle sterben, so werden sie in Christus alle lebendig gemacht werden. Ein jeder aber in seiner Ordnung: als Erstling Christus; danach, wenn er kommen wird, die, die Christus angehören; danach das Ende, wenn er das Reich Gott, dem Vater, übergeben wird, nachdem er alle Herrschaft und alle Macht und Gewalt vernichtet hat. Denn er muss herrschen, bis Gott ihm "alle Feinde unter seine Füße legt" (Psalm 110,1). Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod. Denn "alles hat er unter seine Füße getan" (Psalm 8,7). Wenn es aber heißt, alles sei ihm unterworfen, so ist offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. Wenn aber alles ihm untertan sein wird, dann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott sei alles in allem.

Liebe Gemeinde!

In der Gemeinde der Korinther gab es offenbar eine Gruppe von Christen, die glaubten, dass nur Jesus allein von den Toten auferstanden wäre. Was sie nicht glaubten, oder sagen wir besser: womit sie ein Problem hatten, war die Antwort auf die Frage, ob auch alle anderen Christen, die zu Christus gehörten, auferstehen würden. In den Versen aus dem 1. Korintherbrief, die wir heute bedenken wollen, versucht der Apostel Paulus die Menschen der Gemeinde, die er einmal gegründet hat, teils mit biblischen Zitaten, teils mit theologischen Überlegungen davon zu überzeugen, dass dem "Erstling" Christus am Ende der Zeit alle, die ihn zum Herrn hatten, in der Auferstehung folgen werden. Paulus kennt auch die Ordnung, nach der sich das Ende der Welt vollziehen wird: Zuerst ist Christus auferstanden, danach werden alle, die ihm angehören, auferstehen. Dann wird der Herr alle weltliche Herrschaft, Macht und Gewalt zerstören und Gott wird seinem Sohn alles unterwerfen. Schließlich wird auch der letzte Feind, der Tod, vernichtet.

Ich will jetzt ganz offen sein: Am meisten haben mich nicht die biblischen und theologischen Argumente des Paulus überzeugt, sondern der erste Satz dieser Verse, der von einer ganz anderen Seite an die Frage nach der Auferstehung der Toten herangeht: "Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen." Ich finde, dieser Satz ist doch einfach wahr und einleuchtend. Gewiss: Hier wird nicht behauptet, dass die Toten auferstehen. Hier wird nicht argumentiert und es soll auch nichts belegt oder bewiesen werden... Trotzdem spricht mich das an und es gibt mir zu denken und es stärkt meine Hoffnung, dass wir nicht auf den Tod, sondern auf das Leben zugehen und bei Gott einmal eine herrliche Zukunft haben werden. Und ich glaube, dass dieser Satz auch zu Ihnen sprechen kann und dass er große Überzeugungskraft hat, größere jedenfalls als alle Versuche, die Auferstehung der Toten zu beweisen: "Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen."

Mir ist zu diesem Satz eine kleine Geschichte eingefallen, die von etwas berichtet, was sich wirklich so zugetragen hat, wie ich es Ihnen jetzt weitererzähle:

Ein alter Mann lebte seit vielen Jahren allein in einem kleinen Haus in einem Dorf in einer ländlichen Gegend unseres Landes. Lange Zeit zuvor war ihm die Frau gestorben. Er war einsam und er litt an zahlreichen Krankheiten. Seiner Nichte, die ihm putzte und jeden Tag das Mittagessen brachte, sprach er fast täglich davon, dass er so gern sterben würde. Eines Tages - es war Sommer - war er durch einen Traum, den er hatte, sogar ganz sicher, dass er nicht einmal mehr den nächsten Winter erleben würde. Er sagte seiner Nichte, dass er absolut keinen Zweifel hätte, dass er im Laufe der nächsten Wochen Abschied von der Welt nehmen werde. Tags darauf allerdings bestellte er - sehr zum Erstaunen der Nichte - eine große Fuhre Holz und einige Briketts als Brand für seinen Ofen. Die Nichte hatte genug Feingefühl, ihren Onkel nicht darauf aufmerksam zu machen, dass seine sichere Erwartung, bald zu sterben, nicht zur Bestellung des Brennstoffs für den kommenden Winter passte. Aber der Onkel spürte an ihrem Blick, was sie über ihn dachte und jetzt gab es auch ihm zu denken.

Liebe Gemeinde, ich glaube, das hätte auch uns passieren können. Und irgendwie passt das doch zu der Frage der Korinther, ob alle Toten auferstehen und zu ihren Zweifeln daran. Und es ergänzt auch schön den ersten Satz des Paulus aus den Versen, die ich zu Beginn dieser Predigt vorgelesen habe. Aber ich denke, das muss ich erklären:

Wie kann ein Mensch, der allein lebt und sicher weiß, dass er bald stirbt, darauf kommen, Brenn- stoff für den nächsten Winter zu bestellen, den er doch nicht mehr erleben wird? Die einzige vernünftige Erklärung dafür ist, dass dieser Mensch eben doch in seinem Innersten hofft, dass er auch im nächsten Winter noch da sein wird. Und wie gesagt: Wir kennen alle solche im Grunde völlig unvernünftigen Erwartungen und Hoffnungen. Wir wissen doch, dass die Chance, 6 Richtige mit Superzahl im Lotto zu bekommen, unendlich gering ist. Und trotzdem spielen wir jede Woche wieder mit. Das junge Mädchen, das so gern Modell werden würde, weiß genau, dass Tausende anderer junge Mädchen denselben Wunsch haben und dass viele davon über Beziehungen verfügen, die es selbst nicht hat. Und trotzdem wartet es auf den Anruf mit dem Angebot von einer Modellagentur. Der junge Mann im großen Unternehmen mit mehreren Tausend Angestellten weiß, dass es nur wenige Kollegen gibt, die es einmal ins Management der Firma schaffen werden und dass die oft wesentlich bessere Abschlüsse haben als er. Und trotzdem gibt er die Hoffnung nicht auf, dass eines Tages der Chef gerade auf ihn zukommen wird...

Ja, die Hoffnung ist eigentlich ein sehr geringes Ding und sie hat doch gewaltige Macht über uns! Die Bibel zählt sie zum Glauben und zur Liebe als Dritte im Bund. Auch sagt sie: Die Hoffnung hört niemals auf. Und der Volksmund spricht so von ihr: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Und das ist wohl wahr.

Aber was hat das nun alles mit diesem Satz des Paulus zu tun: "Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen."? Ich glaube eben, dass wir nicht diese "elenden Menschen" sind - schon gar nicht als Christen! Wohl keine und keiner von uns! Wenn wir Jesus Christus als unseren Herrn bekennen, dann hoffen wir nicht nur in diesem Leben auf ihn! Dann hoffen wir auch, dass wir hinter unserem Herrn her in die Ewigkeit auferstehen werden! Das mag genauso wenig vernünftig sein, wie die Holz- und Brikettbestellung des alten Mannes, wie die Hoffnung der Lottospieler auf einen großen Gewinn, wie der Traum des jungen Mädchens von der Modellkarriere und der sehnliche Wunsch des jungen Mannes, einmal Abteilungsleiter zu werden... Aber wir lassen als Christen nicht von dieser Hoffnung, mit Jesus Christus aufzuerstehen und ewig zu leben, eine Hoffnung, die Menschen, die nicht an diesen Herrn glauben, ja auch für völlig unvernünftig halten.

Und wissen Sie was, liebe Gemeinde, wir dürfen sehr dankbar dafür sein, dass diese Hoffnung bei uns nicht totzukriegen ist! Und ganz ins Blaue hoffen wir ja nun auch nicht. Da will ich jetzt nicht doch noch einmal die Argumente des Paulus wiederholen, sondern lieber den zitieren, der Gottes Sohn ist und der uns das Leben nach dem Tod an vielen Stellen des Neuen Testaments versprochen hat: "Ich lebe und ihr sollt auch leben." (Jh. 14,19c) So sagt er seinen Jüngern. Und an anderer Stelle: "Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt." (Jh.11,25) Und auch hier und in noch vielen anderen Worten Jesu, wird uns eine ewige Zukunft im Reich Gottes versprochen: "Wer Häuser oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Kinder oder Äcker verlässt um meines Namens willen, der wird's hundertfach empfangen und das ewige Leben ererben." (Mt.19,29)

Aber wenn das alles nicht ausreicht, unseren Glauben an die Auferstehung der Toten zu begründen und zu festigen, dann haben wir eben noch diese Hoffnung, die in wir selbst einfach nicht aufgeben können, die immer bleibt, auch wenn Menschen, die Gott nicht kennen und an Jesus Christus nicht glauben, sie für verrückt und völlig aus der Luft gegriffen halten.

Ich glaube, dass Gott selbst uns diese Hoffnung ins Herz gegeben hat, auch wenn wir selbst vielleicht gar nicht verstehen können, warum wir sie haben und gegen alle Widerstände und auch gegen jede Vernunft festhalten. Aber sie ist eine wunderbare Sache, diese unbeirrbare und vielleicht verrückte Hoffnung! Halten wir sie fest mit all unseren Kräften! Sie wird am Ende der Zeit wahr werden, so wie heute schon dieses Wort wahr ist: "Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen." AMEN